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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1978/0116
anzulocken. Sie kamen oft in Scharen und setzten sich neugierig auf die zur Hütte
hinausgestreckten Kloben. Der Vogelfänger in der Hütte zog die Schnur an, die
Meise war mit den Füßen eingeklemmt, der Kloben wurde eingezogen, die Meise
abgenommen und auf einen großen Stein geworfen, und so ging es mit Unterbrechungen
einige Stunden weiter. Wir brachten oft bis zu 100 und mehr tote und
einige lebendige Meisen nach Hause. Während des Fangs war strengstes Stillschweigen
geboten, denn e i n verdächtiges Geräusch vertrieb den ganzen
Schwärm auf den Warnungsruf eines einzigen Vogels, das sogen. „Rätschen". Wir
mußten es zu arg getrieben haben, denn eines Morgens war die Hütte zerstört und
- im folgenden Jahre wieder aufgebaut - riß sie der Waldhüter über den Köpfen
meiner Brüder nochmals zusammen. Schon damals war der Vogelfang verboten.
Wir fanden aber in unserem Tun kein Unrecht, während ich heute die strenge
Durchführung des Vogelschutzes freudig begrüße. Der Wald hatte es uns angetan.
Und wie oft haben wir darin Beeren zu unseren Kuchen geholt.

Im 17. Lebensjahr ergab ich mich wie meine Brüder - nur Alexander „der Große
" machte nicht mehr mit - hinter dem Rücken des Vaters der Wilderei. Rädelsführer
war der Vetter Karl Bader. Er besaß ein Abschraubgewehr, und wir waren
die Treiber. Ich ging jedoch am liebsten allein hinaus mit der Flinte des Vaters, der
Jagdpächter war, aber nicht mehr jagte. Gewöhnlich lockte ich den Laufhund eines
in unserer Nachbarschaft wohnenden Jägers an mich, versteckte ihn unter meinem
Bett und schlich in aller Frühe davon. Doch nur einmal hatte ich Glück und erlegte
hoch oben am Brombergkopf eine Rehgeis. Da ich das Ausweiden nicht verstand,
eilte ich zu Karl Bader, der das Wild aufbrach und es mit mir, während die Jäger
unten im Wald jagten, auf Schleichwegen, als es schon Nacht war, in das Gasthaus
zum „Schiff" brachte, wo Bader wohnte. Anderntags gingen wir mit dem in einen
Sack gehüllten Reh auf einem Wägelchen zur Stadt. Unterwegs begegnete uns der
Vater, auf die Frage, was wir vorhätten, gab ihm Bader eine lügenhafte Antwort,
worauf sich der Vater beruhigte. Das Reh verkauften wir - das Pfund zu 11 Kreuzer
- an Kürschner Vinzenz Albrecht in der Eisenbahnstraße [jetzt Rathausgasse 2]
und teilten uns den Erlös. Reue fühlte ich auch jetzt nicht, nur Furcht vor Strafe,
wie gewisse Helden Shakespeares. Welche Wandlung vom naschenden reuigen
Kinde bis zum hartgesottenen Wilderer! Und wieviele Wilddiebe mußte ich später
verurteilen! Noch im Jahre 1870 fing ich als Amtsrichter in Villingen Amseln und
Drosseln in Schlingen auf fremdem Jagdgebiet.

Das Revolutionsjahr 1848

In den Märztagen 1848 sang ich mit der „Liedertafel" auf dem Münsterplatz
bei einer großen Volksversammlung 26. 3. 48] begeistert „Freiheit oder Tod!",
hörte die Volkshelden Gustav von Struve [1805-1870] und Torrent aus Waldshut
[1832 Mitglied der Freiburger Burschenschaft „Germania", 1849 Generalauditor
des Hauptquartiers] - „Reißt die Kreuze aus der Erde und macht Schwerter
daraus!" - und sah, wie die aufgeregte Menge Widersacher wie Professor

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