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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1978/0118
August Friedrich Gfrörer [1803-1861] und Fabrikant Heinrich Kuenzer [1807
bis 1872], der rief „Keine Republik" beinnahe zerrissen hätte.

In jenem Frühjahr wurde das Militär wegen der von den Advokaten Hecker
[1811-1881] und Struve geführten Freischaren aus der Stadt gezogen. Die Studenten
übernahmen den nächtlichen Wachdienst. In diese „Akademische Legion",
wie sie hochtönend genannt wurde, durften die zwei oberen Klassen des Gymnasiums
eintreten. Flinten mit Steinschlössern und Zündpfannen, von den Bürgersoldaten
herrührend, ohne Pulver und Blei, waren unsere Waffen. Das Hauptquartier
lag im „Bierhaus" - später Brauerei Sinner Ecke Bertold- und Werderstraße
-. Um Mitternacht stand ich vor der Kreiskasse in Unterlinden Wache und
meldete der Ablösung Rauch und Feuer in der Nachbarschaft. Als uns das verdächtige
Haus geöffnet wurde, standen Weiber am Waschzuber im Hofe. Bei einem
nächtlichen Rundgang sahen wir in der katholischen Kirche der Wiehre - St.
Cyriak am Annaplatz - einen Lichtschimmer: „Da drinnen muß ein Räuber sein".
Während wir Kriegsrat hielten, rief einer- „es ist ja das ewige Licht", und so war
es auch.

Damals herrschte blinde Furcht vor dem Einfall der Franzosen; die Landleute
kamen mit aufgetürmten Wagen voll Hausrat in die Stadt. Eines Nachmittags
zog die Legion unter Führung Georg Helferichs, des Professors der Nationalökonomie
, hinaus, dem Feind entgegen. Schießbedarf gab es nicht. Ich war schlauer als
die anderen, ließ mein Gewehr, weil es zu schwer war, daheim und umgürtete
mich mit einem Kavalleriesäbel, den der Vater an der Wand hängen hatte. Wir
kamen bis Hartheim an den Rhein. Franzosen fanden wir keine, aber in den
Wirtshäusern, vor die stets ein Posten ausgestellt wurde, tranken wir die ganze
Nacht viel Bier. Todmüde rückten wir am folgenden Morgen wieder ein.

In der Woche vor Ostern 1848 beschlossen die Bürger im hiesigen Kornhaus unter
dem Vorsitz des Bürgermeisters Josef von Rotteck [1806-1884] beim Herannahen
der Freischaren Heckers neutral zu bleiben. Die Spießbürger äfften die
Freien Reichsstädte nach, obwohl Freiburg nie eine solche gewesen ist. Samstag vor
Ostern schlich ich mich gegen des Vaters Befehl auf den Karlsplatz. Dort unterwies
„General" Heinrich von Langsdorf, Student der Medizin, in Turnerkleidung
mit schwarz-rot-goldener Schärpe auf einem sattellosen Bauerngaul die mit Sensen
bewaffneten Freischäler in ihre Aufgabe, dem Feinde die Füße abzusägen.

Ostersonntag [23. 4. 48] fand das Gefecht zwischen den vom Schauinsland
herabkommenden Freischaren und den Bundestruppen bei Günterstal statt. Vom
Fenster meines Dachzimmers in der Kartäuserstraße sah ich durch ein Fernrohr
einen Teil des Gefechtes mit an, bis eine Kugel neben mir vorbeipfiff. Am folgenden
Tage bemächtigten sich die Freischärler der im Rathause aufbewahrten vier
Kanonen des Bürgermilitärs und errichteten an den Toren der Stadt Barrikaden.
Während des Sturmangriffs auf die Stadt durch badische, hessische und nassauische
Truppen lauschte die ganze Familie auf unserem Balkon dem Kanonendonner.
Plötzlich schlug eine Flintenkugel kaum zwei Meter von uns in die Dachrinne.
Kurz nach dem Einzug der Soldaten in die Stadt begegnete mir ein Schulkamerad,
der - wie er erzählte - in dem „Bierhaus" auf die stürmenden Truppen geschossen

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