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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1978/0120
Festung von den Preußen standrechtlich erschossen wurde, trank im Wirtshaus mit
gemeinen Soldaten. Ich fand es geraten, Onkel Hermann, Ministerialsekretär in
Karlsruhe, aufzusuchen. Er drang in mich, schleunigst heimzukehren, denn die
Preußen seien schon vor den Toren der Residenz, und schickte mich in die im
Ständehaus tagende „Verfassungsgebende Versammlung", wo gerade über die
Absetzung des Großherzogs verhandelt wurde. Das und die unheimlichen Gestalten
dieser Volksvertreter - Lehrer Stay aus Heidelberg, Mitglied der verfassungsgebenden
Versammlung, trug ein blutrotes Tuch um den Hals - bestimmten mich,
vom Onkel mit reichlichem Reisegeld versehen, das schützende elterliche Haus
wieder aufzusuchen. In Freiburg angekommen, begegnete mir am Bahnhof Onkel
Wilhelm, der im Auftrag des Vaters mich in Rastatt holen sollte. Zu Hause wurde
ich nicht hart angelassen, es war eben die Geschichte vom verlorenen Sohne. Wie
begründet meine Furcht vor der Beschuldigung der Feigheit oder Treulosigkeit
war, hat sich zur Genüge gezeigt. Der Vater hat in einem Briefe mir unter Androhung
seines Fluches befohlen, unverzüglich zurückzukehren. Ich habe dieses Schreiben
nie gesehen. Der mir sonst befreundete Mitschüler, den ich im Jahre vorher
wegen seines von Pulver geschwärzten Gesichtes heimgeschickt und damit vor
schwerem Ungemach gerettet habe, öffnete den Brief, als ich Rastatt schon verlassen
hatte, und erklärte, das sei nur Spiegelfechterei, eine abgekartete Sache. Beinahe
wäre ich - was Reinhold Baumstark [1831-1900], dem jetzigen Landgerichtspräsidenten
, mit Unrecht geschah - auf Antrag dieses aufgeregten Menschen
deshalb aus der „Walhalla" „cum infamia" ausgestoßen worden. Johann Hauler
[1829-1888] aus Oberrimsingen hieß der Grimme, er ist als Professor der Philologie
in Wien gestorben.

Während das erste Aufgebot der Volkswehr gegen die Preußen im Felde stand,
sandte mich der Civil- und Militärkommissär des Oberrhein-Kreises in Freiburg,
Hofgerichtsadvokat Friedrich Heunisch, mit einer Depesche zur Sammlung der
Volkswehr nach Waldkirch, und ich erledigte mich des Auftrags bei dem Civil-
kommissär Apotheker Brunner daselbst.

Auch zu Wachdienst wurde ich herangezogen. Als ich nachts vor der Hauptwache
auf dem Münsterplatz [am 24. 6.] Posten stand, vernahm ich Musik auf
der Kaiserstraße und sah Fackelschein. Ohne mich abzumelden lief ich mit meinem
Schießgewehr dahin und hörte Karl Vogt [1817-1895], den vom sogenannten
Frankfurter Rumpfparlament aus Stuttgart flüchtigen „Reichsregenten" auf dem
Balkon des „Zähringer Hofes" in der Kaiserstraße [jetzt Kaufhof] eine zündende
Rede halten. Dann ging ich nach Hause und tat einen langen Schlaf. Ich konnte
mir eine solche Indisziplin schon erlauben, denn Kommandant der Hauptwache
war Kürschner Albrecht, der zwei Jahre vorher uns das gewilderte Reh abgekauft
hatte.

Bevor der Vater wegen der näherrückenden Preußen am 2. Juli Freiburg verließ
, sandte er seine Familie nach Basel. Nur die Lehrlinge Julius und Karl blieben
in ihren Geschäften in Freiburg zurück. Da die Bahn damals nur bis Efringen
- 2 Stunden vor Basel - ging, bepackten wir einen Reisewagen insbesondere mit
Bettstücken, zwei mächtigen Häfen voll Honig aus unserem Bienenstande und
einen Sack voll gedörrten Obstes. Bewaffnete Bürger geleiteten uns als Bedeckung

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