Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1978/0121
die Dreisamstraße entlang außerhalb der damaligen Stadt zum Bahnhof. Dort
setzte ich mich in unsere Kalesche hoch oben auf einem offenen Güterwagen, während
die Mutter, Lina und die beiden kleinen Geschwister von 5 und 3 Jahren in
einem Wagen dritter Klasse Platz nahmen. Bei der Abfahrt schössen Freischärler
und aufständische Soldaten in den Zug, so daß die Meinigen unter den Sitzen
Schutz suchten. In Efringen mieteten wir nach einer unruhigen Nacht im Wirtshaus
Pferde, fuhren nach Basel und stiegen in einem sehr einfachen Gasthause ab.
Mit dem Buche „Geschichte der französischen Revolution" von Fran^ois Auguste
Mignet [1796-1884] unter dem Arm stellte ich mich dem Onkel Franz von Welz
und der Tante Creszentia vor, die schon im Jahre 1848 vorsorglich das Geschäft
in Freiburg aufgegeben hatten und nach Basel gezogen waren. Bittere Worte über
den Vater, die Mutter und mich mußte ich von den liebevollen Verwandten hören,
weshalb mir das dann und wann gewährte Mittagessen gar nicht schmeckte.

Nachdem der Vater nach Basel gekommen war und die letzten Freischaren sich
in die Schweiz geflüchtet hatten, kehrten wir ohne den Vater im eigenen Wagen
nach Freiburg zurück. Auf dem Wege wurden wir von preußischen Truppen angehalten
, ausgeforscht und nach dem Besitz von Waffen gefragt.

Mit der Niederwerfung des Aufstandes floh auch mein Bruder Alexander über
den Rhein. Als Rechtspraktikant hatte er die Stelle eines Schriftführers bei dem im
Großherzoglichen Palais [Sickingen-Palais] hier residierenden Civil- und Militär-
Kommissär Heunisch übernommen, wurde dann Auditor beim meuternden Leibregiment
und hat als solcher mehrere Fabrikanten in Lahr, die gegen den Aufstand
gewirkt, „wegen Hochverrats" in Untersuchung gezogen und die Flüchtigen in der
Karlsruher Zeitung zur Fahndung ausgeschrieben.

Bruder Wilhelm hat als junger Feldarzt bei dem 2. übergegangenen Infanterieregiment
das Gefecht bei Heddesheim b/Mannheim - am 21. 6. - mitgemacht,
weshalb er nach seiner Rückkehr auf dem Schlachtroß polizeilich überwacht wurde.
Als er sich in Waldkirch als Arzt niedergelassen, gestattete ihm der dortige Oberamtmann
Julius Betz nicht, die Nächte in seiner Wohnung zuzubringen. Er mußte
mit seinem Einspänner in einem ländlichen Gasthaus „zur Lerche" [besteht heute
noch auf der Gemarkung Sexau-Lörch] übernachten. Erst das Ministerium hat auf
erhobene Beschwerde diese unsinnige Maßregel aufgehoben.

Alexander wurde in der Folge nach langem ruhelosen Umherirren in Frankreich
und der Schweiz zu längerer Arbeitshausstrafe verurteilt und aus der Liste der
Rechtspraktikanten gestrichen. Er saß seine im Gnadenweg auf 6 Wochen Gefängnis
herabgesetzte Strafe im Amtsgefängnis in Lahr ab. Und Schweres folgte nach.
Jahrelang fristete er, von einem treuen Freunde, dem jetzt noch in Freiburg lebenden
ehemaligen Fabrikanten Ferdinand Flinsch unterstützt, als Buchhändlergehilfe
und Notariatsassistent sein Leben. Auf wiederholte Bitte um Anstellung erhielt
er ein Schreiben des Ministers Karl Freiherr von Stengel [1803-1870], daß
er niemals auf eine Anstellung im Staatsdienst rechnen könne. Erst im Jahre 1859
nach dem Siege der Franzosen und Italiener über Österreich, als in Baden ein liberales
Regiment begann, wurde Alexander zum Rechtsanwalt in Bonndorf ernannt,
wo er sich verheiratete. Alexander, stets einer der ersten in der Schule und wegen
seines leutseligen und gewandten Wesens in allen Kreisen beliebt, war der talent-

119


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1978/0121