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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1978/0136
erhielt aber Anschriften immer erst dann, wenn sie überholt waren. Im Oktober

1933 setzte diesbezüglich eine Korrespondenz mit dem Bruder des Angeklagten,
Professor Dr. Hermann Wirth, ein. In dem Zeitraum vom Herbst 1933 bis Frühjahr
1934 lebte Wirth den Freiburger Ermittlungen zufolge in Luzern, Basel, Genf,
Paris, Rom und London. Zu letzterem Aufenthalt sei aus einem Brief des Dr. Hermann
Wirth an Dr. Straumann vom 27. Dezember 1933 zitiert: Ihrem Wunsche
entsprechend, teile ich Ihnen mit, daß mein Bruder sich vor etwa vier Wochen, einer
Einladung folgend, bei dem früheren englischen Minister Lloyd George auf
dessen Landsitz in der Nahe von London aufgehalten hat. Von da aus begab er
sich 2u dem deutschen Gesandten Köster nach Paris und erstattete diesem Bericht
über seine Eindrücke in England. Der deutsche Gesandte hat hierauf einen Bericht
an die Reichsregierung abgeschickt. Vor einigen Tagen erhielt ich eine Karte aus
Basel, wonach sich der Gesuchte auf der Reise nach Rom befindet... Die noch gültige
römische Adresse erhielt der Untersuchungsrichter Anfang Januar 1934.

Während dieser Bemühungen des Freiburger Untersuchungsrichters unterhielt
Wirth ständigen schriftlichen Kontakt mit verschiedenen Reichsministerien, ohne
daß dort allerdings sein jeweiliger Aufenthaltsort bekannt gewesen wäre. Auf eine
entsprechende Anfrage aus Freiburg begann nämlich ein Rundfragen zwischen
Reichskanzlei, Innenministerium und Geheimer Staatspolizei.21

Ganz bewußt führte Wirth die Diskussion um den Freiburger Meineidprozeß
nur mit Berlin. Auf die Ebene des Provinzgerichts herabzusteigen, vermied er
bis auf eine kurze Notiz im Februar 1934 über Unterlagen, die dem Gericht über
Berlin zugingen. Erst im März 1934 betraute er ein Freiburger Anwaltbüro mit
seiner Verteidigung: Dr. Ferdinand und Dr. Hermann Kopf. Den Vorschlag des
Staatssekretärs in der Reichskanzlei, Dr. Lammers, sich in Prozeßangelegenheiten
künftighin unmittelbar an den Herrn Untersuchungsrichter (zu) wenden,22 überginger
.

Nach dem vorhandenen Material ergeben sich in der Meineidsache zwei zeitliche
Schwerpunkte: um den September 1933 und den März 1934. Der Haupthandelnde
war zunächst Wirth selbst. Am 24. August 1933 beantragte er von sich aus in
einem Schreiben an den Staatssekretär in der Reichskanzlei, die Staatsanwaltschaft
Freiburg möge Klage gegen ihn erheben. Das solle über das Reichsjustizministerium
und den Reichsstatthalter in Baden veranlaßt werden. Ausdrücklich wünschte
Wirth, daß der Reichskanzler Adolf Hitler, der Reichsinnen- und der Reichsaußenminister
von der Angelegenheit Kenntnis erhielten. Man gewinnt den Eindruck,
daß Wirth mit Elan die Gelegenheit ergriff, sich seinerseits gegen die Anwürfe in
der badischen NS-Presse zu rechtfertigen und andererseits als Politiker mit internationalen
Beziehungen wieder ins Gespräch zu bringen. Daß er sich selbst als
vielgenannten Politiker2S bezeichnet, mag für die Annahme sprechen. Im Sommer

1934 dagegen war dieser Einstellung die Resignation gewichen. Davon zeugt das
eingangs zitierte Schreiben wegen der Reichsfluchtsteuer.

Die „Selbstanzeige" Wirths traf beim Freiburger Landgericht, vom Reichsjustizministerium
kommend, Ende September ein, nach Eröffnung der Voruntersuchung
durch den Staatsanwalt. Indes scheint Wirth hiervon keine Nachricht erhalten
zu haben, denn am 13. Januar 1934 erkundigte er sich bei Staatssekretär Lam-

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