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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1978/0137
mers nach dem Stand der Angelegenheit unter Hinweis auf sein Schreiben vom
August.

Unter dem Datum des 13. September 1933 schoß Wirth in Genf ein ganzes
Feuerwerk von Briefen ab: 1. Bei Ministerialrat Wienstein in der Reichskanzlei
fragte er an, ob es sich empfiehlt?4 meine Rapallo-Denksckrift25 der Geheimen
Staatspolizei auszuhändigen. Ich hätte nichts dagegen. Im Gegenteil! Ich habe inzwischen
Studien zum Kapallovertrag in der Bibliothek des Völkerbundes gemacht
und die ,Documents diplomatiquesy eingesehen. Ich arbeite noch in London und
Paris daran und werde auch Lloyd George und andere sprechen. Entsprechende
Mitteilungen werden später kommen. - Inzwischen war Herriot in Moskau. Ich
will lieber nichts sagen... 2. In einem Schreiben an den Reichsinnenminister Frick26
deutete er an, die oben beschriebenen Studien zu Rapallo zu publizieren.27 Gleichzeitig
stellte er den Antrag, ihm die Zustimmung zu einem weiteren Aufenthalt
außerhalb des Deutschen Reiches erteilen zu wollen. Mit dem Innenministerium
war nämlich vereinbart worden, daß Wirth bis zum 20. September 1933 nach
Deutschland zurückkehre. 3. Das ausführlichste Schreiben vom 13. September richtete
sich an Staatssekretär Dr. Pfundter im Reichsinnenministerium.28 Wirth wiederholte
die Bitte um Verlängerung der Aufenthaltsgenehmigung für das Ausland
und begründete sie mit den Vorwürfen, die gegen ihn in seiner Heimat in der Zeitung
„Der Alemanne" erhoben wurden. In der Hauptsache setzte er sich mit den
Artikeln eines Dr. Heinrich Mohr auseinander, der ihn unter anderem einen Sozialisten
oder richtiger Bolschewisten mit hochverräterischen Gedanken genannt
hatte.29

Dieser Dr. Mohr war eine schillernde Figur: katholischer Priester und Schriftsteller
und zugleich kämpferischer Nationalsozialist, der sich nicht scheute, in NS-
Zeitungen in reißerischem Stil zu polemisieren. 1918 nach Kriegsende hatte er
Wirth, den er nun mit Haß verfolgte, in den höchsten, fast kriecherisch schmeichlerischen
Tönen gelobt. Das geht aus einem Brief30 hervor, den er damals an Wirths
Mutter geschrieben hatte: Gott möge Ihren Sohn Ministerpräsident werden sehen.
Wirth war damals Finanzminister in der badischen Volksregierung. Oder: Ich
konnte immer wieder beobachten, wie die große Masse des Volkes die überragende
Bedeutung des Herrn Ministers fühlt und erfaßt. Wirth stehe in seinen Augen in
der Schar der großen badischen Katholikenführery der Andlawy Lindau, Büß. Und
das freue ihn tief . . . Im übrigen hoffe er, daß viele gute Christen das Wirken des
Ministers in ihrem Gebet begleiten. . . Wirth beschloß das Thema Mohr mit folgendem
Rat: Es ist wohl an der Zeit, daß die heutige deutsche nationale Reichsregierung
dafür Sorge trägt, daß nicht beliebige Wegelagerer über deutsche Politiker
herfallen dürfen, ohne daß diesen die Möglichkeit gegeben wird, sich in den betreffenden
Zeitungen entsprechend zu äußern.

Am 16. September 1933 erfolgte eine Reaktion. Der Reichsinnenminister gab
den Landesregierungen in einem vertraulichen Schreiben bekannt, daß er Wirths
Rückkehr ins Inland wünsche und ihm daher zugesagt habe, daß er keine polizeiliche
Verfolgung wegen seiner politischen Vergangenheit zu gewärtigen habe -
auch nicht auf Länderebene:

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