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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1978/0141
wehrministeriums (Kapitänleutnant Schubert) und des Justizministeriums (Geheimer
Regierungsrat Dr. Schäfer) teilnahmen.48 Ubereinstimmend waren sie der
Meinung, daß sie kein besonderes dienstliches Interesse an der Durchführung des
Verfahrens sehen könnten und daß es das beste sei, das Verfahren totzumachen.49
Dr. Schäfer, der den Prozeßgegenstand vorgestellt und die Rechtslage hinsichtlich
der Aussagegenehmigung umrissen hatte, erklärte, bei dem Verfahren könne praktisch
garnichts herauskommen, weil Wirth zum mindesten immer erklären könnte,
er habe subjektiv die Überzeugung gehabt, daß er sich mit seinen Worten in der
Reichstagsrede nicht gegen die gesamte Rechte wendey sondern nur gegen einen bestimmten
Teil. Das Gegenteil werde man ihm nicht nachweisen können.

Die vier Vertreter kamen überein, die Freiburger Staatsanwaltschaft durch ein
Schreiben aus dem Reichsjustizministerium zur Einstellung des Verfahrens aufzufordern
.50 Das Verfahren lebte jedoch bis in den September 1934 weiter. Unter
dem 27. September vermelden die Freiburger Akten Voruntersuchung geschlossen,
und am 3. Oktober stellte die Große Strafkammer am Landgericht Freiburg die
Einstellung des Verfahrens fest. In der Begründung steht kein Wort von einer Intervention
Berlins: Der Verdacht des Meineids habe sich nicht erhärtet, aber der
des fahrlässigen Falscheides bleibe. Im übrigen sei der Angeschuldigte nicht vorbestraft
. Die Kosten trug die Staatskasse.

Politik hatte das Verfahren in Gang gebracht und wieder beendet. Am Anfang
standen übereifrige badische Nationalsozialisten, am Ende kühl taktierende
Reichspolitiker, die Aufsehen um die Person Wirths wegen des Interesses des Auslandes
vermeiden wollten.

ANMERKUNGEN

1 Staatsarchiv Freiburg (= StAF): Provisorische Signatur: Landgericht Freiburg Zugang 1965/2, SO 38/33.

2 Die Akten des Plattnerprozesses sind nicht in die Bestände des StAF gelangt. Es liegen jedoch ausführliche
Presseberichte vor.

3 „Der Feind steht rechts", überschrieb Michael Freund einen Nachruf zum Tode Wirths 1956 (in: Die
Gegenwart. Frankfurt 1956. 11. Jg., Nr. 251, S. 1). Er zitiert damit in der Form, gegen die Wirth sich
verwahrt hat, aus dem Zusammenhang gerissen und mit dem bestimmten Artikel, der eine generelle Feststellung
suggeriert.

4 F. v. Rabenau, Seeckt. Aus seinem Leben. 1918 1936, Leipzig 1940, S. 309. Die Zusammenarbeit wird
hier bestätigt. Der Verfasser verweist auch auf Seeckts Korrenspondenz Jg. 1933.

* Am Tag der Abstimmung über das Ermächtigungsgesetz wurde Wirth der Diplomatenpaß abgenommen.
Am Abend des gleichen Tages verließ er Berlin. Vgl. die tagebuchartigen Aufzeichnungen der badischen
Abgeordneten Klara Siebert (Zentrum), publiziert durch Josef Becker, Zentrum und Ermächtigungs
gesetz 1933. VjhZeitG 9. 1961. S. 210.

6 Bundesarchiv (= BA): R 43 1/3633. Blatt 129—131.

7 Die in Freiburg erscheinende NS-Zeitung »Der Alemanne» meldete in Nr. 176 vom 28. Juni 1933: Dieser
Tage sollte in Verfolgung des großen politischen Reinemachens in Deutschland der frühere Reichskanzler
Dr. Joseph Wirth in Schutzhaft genommen werden. Zur Begründung hieß es u. a.: Wirth stand vollkommen
unter dem Einfluß seines Freundes Rathenau. Mit diesem zusammen hat er den Rapallo Vertrag mit
den Sowjetjuden ohne Kenntnis und Willen der Reichsregierung und des Reichspräsidenten abgeschlossen.
Schon hier — wie später während der Voruntersuchung zum Meineidprozeß äußerte Wirth den
Wunsch, zu seiner Rechtfertigung Aussagen über den wahren Charakter des Rapallovertrages mit Betonung
dessen militärischer Seite machen zu dürfen. Hieran war der Reichsregierung nicht gelegen; des
halb wurden die badischen Angriffe auf Wirth wegen Rapallo durch die Reichskanzlei gestoppt. Wirth
erhielt zu seiner Genugtuung schriftlich Nachricht von einer Rüge an die Adresse des badischen Reichs
Statthalters Wagner (24. 8. 1933). BA, R 43 1/3633. Blatt 42. Wirth fertigte aus Anlaß des Artikels im
Alemannen eine Aufzeichnung über den Rapallovertrag (in der gleichen Akte Blatt 48—61), die er der
Reichskanzlei zusandte.

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