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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
101.1982
Seite: 67
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der Rechtszug genommen wurde. Auch ist es bei der mittelalterlichen Traditionsgebundenheit
besonders in Gerichtssachen unwahrscheinlich, daß man in Überlingen plötzlich vom Rechtszug
zur Appellation übergegangen ist.6

Wolfgang Leiser hat sich dem angeschlossen, indem er ebenfalls die genannten
Appellationsprivilegien von 1275 und 1330 als Beweis für eine seit langem bestehende
Appellationsbeziehung nahm.7 Für den eigenen Untersuchungsbereich der
Badischen Markgrafschaften stellte Leiser allerdings fest, daß dort Appellationen
nicht vor der Mitte des 15. Jahrhunderts zu belegen sind.

II. Die ,appellatio' des Überlinger Privilegs von 1275

Die an den Freiburger Rat ziehenden Orte sind in zwei Verzeichnissen des
15. Jahrhunderts aufgeführt. Im Jahre 1494 legte Dr. Ulrich Zasius als Stadtschreiber
eine Entscheidungssammlung des Oberhofs, das ,,Zugurteilbuch44 an,
das mit einer Liste der Zugorte eröffnet wird.8 Die Aufzählung der Zugorte beginnt
sogleich mit Überlingen und mit dem beigesetzten Vermerk: ,,appellirt
her", fährt mit Ehingen und der Notiz ,,het ein sondern bruch44 fort, es folgen
kommentarlos die weiteren Städte, den Abschluß bilden die Dörfer. Hier ist
augenscheinlich eine Ordnung eingehalten, wobei der gelehrte Verfasser Überlingen
wegen seiner „juristischen44 Appellation an die Spitze gesetzt hat. Abgesehen
von den aufgezeigten Ordnungskriterien hat sich aber Zasius an die Reihenfolge
des zeitlich früheren ,,Roten Büchleins44 gehalten.9 Im ,,Roten Büchlein44 steht
jedoch Überlingen ohne weiteren Zusatz an 21. Stelle. Auch Ehingen ist darin
übrigens nicht abgesetzt, es ist der 23. Ort der Aufzählung. Sind nun aber die
unterschiedlichen Einreihungen von Überlingen und Ehingen eher zufällig oder
läßt sich aus der Abfolge des ,,Roten Büchleins44 schließen, daß erst nach dem
dortigen Eintrag eine Verfahrensänderung eingetreten ist?

Die älteste Quelle für eine Überlinger Spruchbeziehung nach Freiburg stellt ein
Privileg König Rudolfs vom 30. Juli 1275 dar. Es heißt dort:

.. .Item statuimus et pro iure volumus observari, quod quicumque civium de Überlingen ab ali
qua appellat sentencia, illam appellationem iuxta ius et statuta civitatis de Vriburg prosequetur,
et quicquid sentenciatum fuerit a civibus de Vriburg, illud ratum a partibus est servandum.10

Diese Bestimmung wurde wiederholt in späteren Privilegienerteilungen inseriert
, u. a. 1335 durch Ludwig d. Bayern, dessen Bestätigung im Freiburger Zugurteilbuch
als Überlinger ,,Freyheit44 eingetragen ist.11

In diesem Privileg werden freilich die Begriffe ,,appellare44 und ,,apellatio44 gebraucht
. Gerade diese Terminologie hat aber nicht nur spätere Historiker, sondern
auch schon die Juristen des 15. Jahrhunderts zu falschen Schlüssen verleitet.
Tatsächlich handelt es sich hier um ein inzwischen erkanntes Übersetzungsproblem
.12 In der lateinischen Rechtssprache des Mittelalters wurden Rechtsbehelfe
im weitesten Sinn und jeglicher Art mit ,,appellatio44 bezeichnet, ohne daß damit
eine begriffliche Festlegung auf das spezifisch römisch-kanonische Institut der
Appellation beabsichtigt gewesen wäre. Die gedankliche Kongruenz für eine
solche Übersetzung besteht darin, daß bei der Appellation wie beim Rechtszug an
anderer Stelle Recht gesprochen wurde. Sie trägt aber nicht dem Umstand Rech-

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