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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
101.1982
Seite: 125
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kleines, doch wohlbebautes Gütchen; denn der Himmel hatte ihn von dem Augenblicke an
gesegnet, da er aus den Mauern der Burg getreten. Ja er hoffte sogar im Stillen, sich noch
von seinem Herrn loszukaufen, und wenn auch nicht sich selbst, doch seine Kinder ganz
frei machen zu können. Drum war ihm der Schloßherr auch nicht mehr gewogen, seitdem
Alles so wohl auf seinem Gütchen gedieh, denn der Ritter war keines biedern und glücklichen
Mannes Freund und Jedermann mied seine düstere Gegenwart. Selbst wenn er in
Waldkirch einritt, ging man ihm gern aus dem Wege und sogar der alte Bürgermeister zitterte
, so oft er vor den barschen und hochmüthigen Herrn, der keinen Widerspruch ertragen
konnte, geladen wurde. Kaspar hatte ihn schon lange nicht mehr gesehen, denn auch
er mied den Ritter wo nur möglich, und wenn dieser etwas von seinen Leibeigenen haben
wollte, schickte er gewöhnlich einen Knecht, um Obst oder Schinken, Feldfrüchte oder
Geld, oder was ihn gerade gelüstete, zu holen. Weislich zögerte Kaspar in solchen Fällen
niemals, den Ritter zu befriedigen, doch verbarg er dabei sorgfältig, was seine Frau bisweilen
in Waldkirch oder Freiburg aus den Verkäufen des Obstes erübrigt hatte. Diesmal
waren die Kirschen besonders reichlich ausgefallen und Kaspar überschlug schon im
Stillen, was er etwa unbemerkt wieder zurücklegen könne. Darum war er heute auch so
wohlgemuth und rief seiner Tochter, die mit der Spindel in der Hand ab und zuging, während
er und die Brüderchen aßen: ,,Höre Gundchen, die Vögel singen so lustig, komm
setz' dich zu uns her und sing auch ein Liedchen mit!" Gundchen, die eine gar liebliche
Stimme hatte, ließ sich nicht lange bitten und wählte das muntere Strickerlied, welches sie
von ihrer Mutter gelernt und das ihr, aus besonderen Gründen, jetzt recht oft einfiel:

,,Mein Bübchen ist ein Stricker,
Er stricket manchen Tag;
Er strickt an einer Haube, Haube, Haube,
Ist noch nicht ausgemacht.

Von Seiden ist die Haube,
Von Sammet ist die Schnur;
Bist du ein wackres Mädel, Mädel, Mädel,
Bind' dir dein Härchen zu!

Ach nein, ich will's nicht binden,
Will's noch mehr fliegen lahn,
Bis ein ander Jahr im Sommer, Sommer, Sommer,
Will zu dem Tanze gah'n."

Bis dahin hatte Gundchen gesungen und der Vater freudig zugehört, bis auf einmal hinter
ihnen ein Geräusch entstand, und der gefürchtete Ritter, mit unterschlagenen Armen,
aus dem Gebüsche hervortrat. Sein Gesicht hatte nicht nur, wie gewöhnlich, den Ausdruck
der Wildheit und Härte, sondern es lag zugleich ein Hohn darin, welcher für den armen
Leibeigenen Alles besorgen ließ. Erschrocken sprang dieser auf und nahm ehrerbietig seine
Mütze ab, während die Kinder sich ängstlich an ihn schmiegten und das arme Gundchen
aus Schreck seine Spindel fallen ließ. Lange sah der Ritter mit finsterem Schweigen auf die
eingeschüchterte Gruppe, dann fuhr er plötzlich den alten Kaspar an: ,,So viel ich höre,
hat dein schmuckes Töchterlein da schon Lust, über's Jahr den Hochzeitsreigen anzutreten
; gut, doch bis dahin soll sie die Ehre haben, meine Dienstmagd zu sein; morgen früh
bringst du sie zu mir auf mein Schloß! — Vergebens fiel der arme Vater mit seinen Kindern
dem grausamen Herrn zu Füßen, vergebens bot er ihm sein ganzes Vermögen an, um
nur seine Tochter behalten zu dürfen. Höhnisch lachte der Ritter, daß ihm ein Knecht antrage
, was ohnehin sein eigen sei, und weidete sich an dem Jammergeschrei der Unglücklichen
. — ,,Hab' ich nun das Rechte getroffen", — rief er mit teuflischem Vergnügen -

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