Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
101.1982
Seite: 140
(PDF, 45 MB)
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Diese wenigen Beispiele, aus dem recht stattlichen Band der Einzelvernahmen,
mögen für viele weitere sprechen. Was Wunder, wenn unter diesen Verhältnissen
sich die Volkswut steigerte, und da sie sich durch Proteste und Bittgänge nicht
Luft machen konnte, grub sie sich tief in die gramerfüllten Seelen. Ein Fluch war
alles, was die Menschen dem Schützenklaus mit ins Jenseits geben konnten. Der
erfüllte sich, indem er auch nach dem Tod keine Ruhe finden konnte und
meckernd durch die Gegend ziehen mußte.

Das Kreuz aber, von dem die Sage berichtet, ist noch auf der Waldkircher Gemarkungskarte
vom Jahr 1785, nahe der Glottertäler Grenze, eingezeichnet. Auf
späteren Plänen ist es nicht mehr zu sehen.

Der Hirtenknabe am Kandel

Ein unschuldiger Hirtenknabe führte täglich an den wiesenreichen Abhängen des hohen
Kandels, dessen innerste Tiefen aus einem grundlosen See bestehen sollen, der, wenn er
einmal herausbräche, das ganze Land unter Wasser setzen würde, das Vieh seines strengen
Herren auf die Weide, und wenn er dann so von oben herab auf die Stadt Waldkirch
und die spazierengehenden, schöngeputzten Bürger und ihre Frauen und Töchter sah, da
ward ihm oft recht wunderlich zu Muthe. Er dachte dann gewöhnlich bei sich selbst:

Warum habe ich doch nicht auch einen reichen Mann zum Vater? Ich hätte dann nicht
nöthig, mich in Lumpen zu kleiden, mit den schlechtesten Bissen mich zu begnügen und
den ganzen Tag über auf dem Berge herum zu klettern, um das Vieh zusammen zu treiben.
Wie bin ich doch so elend gegen die Stadtkinder, die vor lauter Uebermuth nicht einmal
wissen, wie viel sie besitzen, und oft Sachen wegwerfen, die mich ganz glücklich machen
würden! Meine Eltern waren aber Bettelleute und sind gestorben; mein Herr schilt und
schlägt mich unaufhörlich, und wenn ich den Tag hindurch todtmüde geworden bin, so
muß ich des Nachts mit der Streu im Stall vorlieb nehmen. Ich bin doch recht
unglücklich!"

So dachte der Knabe und weinte still vor sich hin. Der böse Feind mußte aufmerksam
auf ihn geworden sein denn er verwandelte sich schnell in einen Jäger und ging, einen
schwarzen zottigen Hund an der Seite, mit starken Schritten auf den Knaben zu. Dieser
wischte sich alsbald die Thränen aus den Augen und versuchte fröhlich auszusehen, aber es
gelang ihm nicht. Warum hängst du den Kopf, Bürschlein?" hub der Jäger an zu fragen
Siehst du nicht, wie die Buben dort unten im Thal so lustig sind und sich ihres Lebens
freuen?" Da schlug der arme Knabe die Augen auf und ein neuer Stich fuhr in sein Herz;
denn er sah auf einer Wiese eine Menge schöngekleideter Kinder Ball spielen und hörte sie
singen und jauchzen. Aber die kleinen Pferdefüße derselben ward er nicht gewahr, sonst
wäre ihn das Weinen nicht noch stärker angekommen. Da der Jäger sah, daß schon die
erste Versuchung so gut ausgefallen, ward er noch zutraulicher, setzte sich neben den
Knaben nieder und ermunterte ihn, ihm zu gestehen, was er eigentlich auf dem Herzen
habe. Nach einer Weile gab der Knabe, noch immer schluchzend, zur Antwort: ,,Ach, ich
bin gar zu arm und habe weder Vater noch Mutter mehr!" ,,Ist es nur dies?" -
tröstete der Jäger — ,,so ist dir gar bald geholfen. Es steht nur bei mir, dich reich zu
machen und an Kindesstatt anzunehmen. " ,,Ei, könnet und wollt Ihr das?" rief jetzt
der Knabe voll freudiger Ueberraschung sprang auf und hob seine blauen Augen recht bittend
und zutraulich zu dem grünen Mann empor. Aber dieser bekam jetzt plötzlich ein
heftiges Zucken im Gesichte, wie man es gewöhnlich bekommt, wenn man unversehens in
die helle Sonne hineinblickt; denn hinter dem Knaben stand in blendendem Lichtglanze
sein Schutzengel und drohte dem Bösen mit dem Finger. Der Knabe aber bemerkte den

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