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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
101.1982
Seite: 142
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1982/0144
machen", — nahm der Jäger nun wieder das Wort, jedoch noch immer mit abgewandtem
Gesichte ,,ist ganz einfach. Hier in dem Berge befinden sich nämlich ungeheure
Schätze, welche von einem alten Ritter darin vergraben worden sind und die du leicht
heben kannst. Du brauchst nur morgen in aller Frühe mit einem Zug Ochsen vor den Felsen
da unten zu kommen, so wirst du mich antreffen, wir werden dann den Felsblock weg
führen und uns schnell der Schätze bemächtigen; ich nehme dich hierauf als meinen Sohn
an, dann sagst du deinem Herren Lebewohl auf immer und wirst ein schmucker, reicher
Junge, wie kaum einer in der Stadt Ist. Aber versprechen mußt du mir, Niemanden etwas
von der Sache zu sagen und morgen früh an gar nichts Anderes zu denken, als an unsere
Schätze." — Gern gab der Knabe sein Wort darauf und sprang wie außer sich vor Freuden
herum, als der Jäger heimlich seinem Hunde einen Wink gab, daß dieser unter das
weidende Vieh hineinfuhr und es auseinander trieb. Während der Knabe hinzueilte, um es
wieder zusammen zu bringen, waren Jäger und Hund verschwunden. Auch die spielenden
Kinder auf der Wiese verloren sich, und einem aufmerksameren Blicke wär3 es schwerlich
entgangen, wie eines hier, das andere dort in eine Spalte des Berges hinabschlüpfte.

Voll Ungeduld trieb nun der Knabe seine Heerde nach Hause, noch eh' der Abend recht
eingebrochen war, weßhalb ihn sein Herr neuerdings mit Schelten und Schlägen empfing,
Aber der Geplagte, der sonst augenblicklich in Thränen ausbrach, machte sich jetzt nichts
daraus, da er ja den glücklichen Wechsel seines Schicksales so nahe vor sich wußte. Auch
beim Nachtessen war er so zerstreut und geistesabwesend, daß ihn eine alte Kindswärterin
bei Seite nahm und ihm zusprach, ihr doch mitzutheilen, was mit ihm vorgegangen sei.
Der Knabe blieb aber verschwiegen und eilte so bald als möglich auf sein rauhes Strohlager
, nur um ungestört seinen freudigen Gedanken nachhängen zu können. Auch während
des Schlafes ließen ihn diese nicht ruhen, denn er träumte nun die herrlichsten Sachen von
seinem künftigen Glücke. Schon sah er im Innern des Kandels einen Palast von lauter blitzenden
Edelsteinen, von der holdseligsten Fee — seiner künftigen Mutter — und dem statt
liehen Jäger seinem künftigen Vater — bewohnt, die ihn mit Liebkosungen überschütteten
. — Der anbrechende Tag weckte und ermahnte ihn, nicht länger zu zögern. Das bisher
nie versäumte Morgengebet vergessend, flog er rasch vom Lager empor und der Schutzengel
des verblendeten Knaben wendete sich betrübt von ihm ab. Was aber wundersam ist:
Die Pferde und Stiere, die sonst auf jeden seiner Winke so willig waren, wollten ihm jetzt
durchaus nicht gehorchen und er brachte sie nur mit vieler Mühe in das Joch und aus dem
Stalle, während noch Alles auf dem Hofe in tiefem Schlummer lag. Doch kam er noch zu
rechter Zeit, ganz wie der Jäger es gewünscht hatte, an den bewußten Felsen und der Böse
lachte schon im Stillen, daß ihm die Beute so ganz nach Willen in's Netz gehe.

Kaum stand der unbesonnene Knabe mit seinem Viergespann vor dem Felsen, so streckte
auch schon der Jäger aus dem Gebüsche den Kopf hervor. Aber unglücklicher, oder vielmehr
glücklicherweise war ihm diesmal der Hut in den Zweigen stecken geblieben und die
zwei Hörnchen auf seiner Stirne, welche der Böse nie ganz zurücktreten machen kann,
blieben dem Knaben nicht unbemerkt; doch entschuldigte sich der Jäger damit, er habe
vor einigen Augenblicken den Kopf gewaltig an einen Felsen angestoßen und dadurch die
großen Beulen bekommen. Hierauf trieb er den Knaben an, seinen Zug an den eisernen
Ring anzuspannen, welchen er bereits in die Felsenwand getrieben hatte. Allein dem Knaben
war noch von dem Schrecken über die zwei Hörnchen her nicht mehr ganz wohl zu
Muthe, auch glaubte er in dem Gesichte seines künftigen Pflegevaters auf einmal etwas ungemein
Wildes und Tückisches wahrzunehmen. Indessen, wer einmal A gesagt hat, muß
auch B sagen und so spannte denn der Junge mit schwerem Herzen sein Vieh an den Ring,
schwang seine Geißel und rief nach alter Gewohnheit: Voran denn in Gottes Namen!"
Kaum waren diese Worte aus seinem Munde, als sich plötzlich der Himmel verdunkelte,
der Donner rollte, die Blitze vor den Thieren niederschlugen, die Erde zitterte und im

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