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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
101.1982
Seite: 155
(PDF, 45 MB)
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altar das dysz wor sy by dem ewigen gott, der do ist alpha vnd O" (Nr. 89). Zur
Bekräftigung bestätigen Begleiter unter Eid die Wahrheit der Aussage, oder es
werden Beweismittel vorgelegt: Es wird auf die Narbe an der Brust verwiesen, die
von einer Sense durchstoßen worden war (Nr. 50), es werden Pfeil und Hemd
mitgebracht von jemandem, der von einem Pfeil in die Brust getroffen worden
und dank der Hilfe Theobalds genesen war (Nr. 78). Vorgezeigt und allen sichtbar
in der Kirche aufgehängt werden Arm- und Fußschellen, von denen Gefangene
befreit wurden. Briefe, von der heimischen weltlichen oder geistlichen Obrigkeit
bereitwillig ausgestellt, mit einem oder mehreren Siegeln bekräftigt, sollen den
mündlichen Bericht erhärten.

Wallfahrten Reisen in Gesellschaft

Nach Ausweis der Mirakelberichte strebten viele Pilger allein nach Thann. Doch
sprach manches für die Bildung von Gruppen: Besserer Schutz — vor allem für
Frauen16 — angesichts der in Wald und Herberge, auf Straßen und Fähren lauernden
Gefahren; Kurzweil und Unterhaltung. Wie die Ende des 14. Jahrhunderts
verfaßten Canterbury Tales von Chaucer zeigen, wurden Wallfahrten nicht nur
als Werk der Askese und Gelegenheit zum Gebet verstanden, sondern auch als
Abenteuer und Abwechslung gesucht. Es ist daher naheliegend, daß die Theobaldmirakel
unterschiedliche Gruppen erwähnen: Eheleute, Mutter und Tochter,
Familien zogen gemeinsam nach Thann. Um ein Wunder bei der Entbindung
bzw. an einem Neugeborenen zu bezeugen, begleiteten Hebammen und andere
Frauen die Mutter auf der Reise (Nr. 206, 213). Hatten die Passagiere eines
Schiffes in Seenot gemeinsam die Hilfe des hl. Theobald erfahren, so reisten die
Geretteten anschließend auch gemeinsam zu seiner Kirche. Verglichen mit der
Fahrt nach Jerusalem war die Pilgerreise ins Oberelsaß relativ ungefährlich. Vielleicht
ist aus diesem Grunde in den Mirakeln nie von Eidgenossenschaften die
Rede, wie Pilger 17 und Kaufleute18 sie oft vor Antritt der Reise in die Ferne bildeten
. Menschen der führenden Schicht bekundeten auch unterwegs, daß sie sich
ein Gefolge leisten konnten. Von dem Herzog von Stettin etwa heißt es (Nr. 92),
er sei mit ,,herlicher vnd erlicher geselschafft" gereist: Ein Edelmann, ein Domherr
aus Stettin, der Beichtvater des Herzogs, zwei seiner Räte mögen auch eine
Art Eideshelfer gewesen sein; doch in erster Linie wird man in dem Geleit das
Statussymbol eines Menschen sehen dürfen, der ritterlich-adlige Lebensweise demonstrieren
wollte. Schließlich sind noch die Pilger zu erwähnen, die im Auftrag
von Kranken, von Verstorbenen, oder auch von Städten unterwegs waren. Ein
Bote aus Pollnow in Preußen überbringt dem hl. Theobald mit einem nicht genau
bezeichneten ,, Opfer' 6 den Dank seiner Stadt für die Errettung aus einer Belagerung
(Nr. 108). Ein Bote aus Kiel richtet den Dank der Stadt für die Errettung
aus Feuersnot aus (Nr. 196). Seine Gabe, ein halbes Pfund Wachs, nimmt sich
bescheiden aus angesichts der Größe der Hilfe; doch hatte der Bote möglicherweise
noch andere Heilige zu bedenken.

Letztlich ist bei allen Pilgerfahrten eines nicht zu vergessen: Wie zahlreiche Berichte
zeigen, kam es primär nicht auf ein „Opfer" an — so willkommen dieses

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