Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
101.1982
Seite: 157
(PDF, 45 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1982/0159
Bewegungsfreiheit zusätzlich behindert. Zwar behandelte man vornehme Gefangene
oft zuvorkommend; doch wurden nach Ausweis der Theobaldmirakel zwei
,,ehrbare Kaufleute" aus Münster in Westfalen wie andere ,,in den stogk [Block]
geslagen" (Nr. 22). Die Gefangenen mochten sitzen oder liegen können, an weitere
Bewegung war nicht zu denken. Ob sie zur Verrichtung ihrer Notdurft austreten
durften, muß dahingestellt bleiben. Der Schuhmacher Simon aus der Rhön, mit
den Füßen und einer Hand im Stock, findet ,,in dem mist" eine spitze kleine
Sichel; dank derer und der Hilfe des hl. Theobald ist seine Rettung nur noch eine
Frage der Zeit (Nr. 95). Eine Gruppe von Pilgern, unterwegs zum Heiligen Grab,
fällt in türkische Gefangenschaft (Nr. 103): Ein Jahr und drei Monate liegen sie
im Turm; von 27 sterben 25, die Toten läßt man unter den Lebenden liegen. Die
Gefangenen bekommen wenig zu essen — auch Schweineaas gibt es nur alle zwei
Tage — und wenig zu trinken; vor Durst sind sie gezwungen, ihren eigenen Harn
zu trinken. In dem unerträglichen Gestank rufen sie in ihrer Betrübnis Gott,
Maria und den hl. Theobald an. Es ist verständlich, daß sie um Tod oder Erlösung
bitten.

Möglicherweise sind in diesem Bericht topische Elemente von der besonders
verabscheuungswürdigen Art eingegangen, in der Türken mit christlichen Gefangenen
umgingen. Sicher haben auch Christen ihre Gefangenen nicht selten im
wörtlichsten Sinne verschimmeln lassen. Mangel an Bewegung, Mangel an Licht
und frischer Luft, unzureichende Nahrung, verseuchtes Wasser, Ratten und Ungeziefer
, dazu die nicht selten lange Dauer der Gefangenschaft — einer wird von
Straßenräubern 27 Wochen, ein anderer wegen einer Schuld ein Jahr und zwanzig
Wochen im Turm festgehalten (Nr. 205, 197) — all das konnte auch eine robuste
Gesundheit untergraben und den Tod oder wunderbare Hilfe durch Gott und bewährte
Heilige als einzige Retter erscheinen lassen. Es ist verständlich, daß ein
Gelübde für die Befreiung aus der Gefangenschaft auch noch zwanzig Jahre später
erfüllt wird (Nr. 152; der Gerettete kommt aus Innsbruck).

Wie werden die Gefangenen befreit? Oft genug ereignet sich noch während des
Gebetes, während des Gelübdes ein Wunder — nicht anders als bei der Errettung
aus Krankheit oder Unfall: Die Fesseln springen auf, der Schlüssel zu den Handschellen
findet sich; sind erst einmal Hände und Füße frei, so kann die Mauer
mit den bloßen Händen aufgebrochen werden, und der Gefangene des Bischofs
von Bremen ist dank der Hilfe Gottes und des Nothelfers Theobald frei (Nr. 47;
ähnlich Nr. 11, 12). In anderen Fällen behält der unzureichend ,»gefilzte" Gefangene
eine kleine Feile (Nr. 116), oder er findet — nach einem Gebet zu Gott und
dem hl. Theobald — neben sich ein Messer. ,,Mit einem starken glouben vnd
guotem getrüwen" nimmt er das Messer, das durch die ,,Isenhalten" [Arm- oder
Fußschellen] wie durch Butter oder Käse geht (Nr. 91).

Aus der Sicht der auf wunderbare Weise Befreiten folgt die Hilfe aus der vertrauensvollen
Hinwendung zu dem mächtigen Heiligen. Heinrich Rafen aus Dan-
zig hatte ,,andechticlich vnd mit grossen süfftzen" Theobald angerufen; dank
dessen Hilfe wird er von eisernen Fußfesseln und Gefangenschaft befreit. Der Bericht
schließt mit einer gebetsartigen Wendung, die auf den protokollierenden
Leutpriester von Thann zurückgehen dürfte, und die den Orationen der Meßlitur-

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