Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
101.1982
Seite: 161
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Kritik an der Kirche herauslesen könnte, an ihrer harten Haltung gegenüber den
ungetauft verstorbenen Kindern.

St. Theobald Heiliger unter Heiligen

Aus dem Spätmittelalter sind Fälle überliefert, in denen der Kult der Heiligen mit
magischen Praktiken durchsetzt war, in denen mit Reliquien übler Schacher getrieben
wurde, in denen Gläubige so böswillig getäuscht wurden, daß man nicht
mehr von ,,pia fraus" sprechen kann, vielmehr Verständnis dafür gewinnt, daß
mit der Reformation Wallfahrten, Reliquien- und Heiligenverehrung radikal in
Zweifel gezogen wurden. Von dieser Seite aus gesehen fällt in den Protokollen
die grundsätzlich orthodoxe Einstellung auf: Wunder, so heißt es, ereignen sich
,,von Influsz der tugend des heiligen geistes" und „durch daz gebett vnd verdienen
der lieben heiligen" (Nr. 90 und öfter). Von der rechtgläubigen Grundeinstellung
zeugt es auch, wenn an erster Stelle immer Gott angerufen wurde. Da man
diesen nicht nur als den liebenden Vatergott, sondern auch als den strafenden
Richtergott des Jüngsten Gerichts am Portal mancher Kirche sehen konnte, ist es
begreiflich, daß Menschen in Not sich an Fürsprecher wandten, die menschliche
Nöte und Ängste geteilt hatten, jetzt aber nach Lehre der Kirche in der Anschauung
Gottes weilten — allen voran Maria, die in dieser Zeit als Schutzmantelmadonna
besondere Verehrung genoß. Einleuchtend ist auch, daß in Situationen
äußerster Not, in denen es nach menschlichem Ermessen keine Hilfe mehr gab,
Heilige angerufen wurden, die bekanntermaßen oft geholfen hatten: St. Theobald
, St. Jakob, St. Leonhard, St. Barbara (Nr. 180). Erfuhr man Hilfe, so verdankte
man diese entweder allen bisher Angeflehten oder — wahrscheinlichere
Reaktion — dem zuletzt Gebetenen. Zugunsten einer Gelähmten wurden viele
Heilige angerufen, schließlich, ,,do dasz alles nit halff", auch der liebe Nothelfer
St. Theobald. Oder Nr. 137: Der Ehemann einer Besessenen gelobt eine Fahrt zu
Unserer Lieben Frau nach Aachen. Die Frau antwortet, das sei nicht genug. Daraufhin
gelobt der Mann, daß sie nach Thann und nach Einsiedeln ziehen werde,
und die Leidende wird gesund.

Theoretische Erwägungen darüber, warum die Macht einzelner Heiliger begrenzt
sein soll, warum Gott es wünscht, daß in wochenlangen Reisen mehrere
Wallfahrtsstätten aufgesucht werden, fehlen in den Protokollen; sind sie doch
keine theologischen Traktate, sondern Aufzeichnungen von Leid und Not, Hoffnung
und Errettung einzelner Unglücklicher. Schließlich gehört auch hier Propaganda
„zum Geschäft": Dem die Wunder aufzeichnenden Pfarrer in Thann
konnte es nur recht sein, wenn in manchen Berichten auch andere Heilige erwähnt
wurden, aber „sein" Heiliger schließlich den Ausschlag gegeben haben
sollte für Genesung oder Errettung. Die Herbergswirte in Thann hörten sicher
gern Pilger die Macht „ihres" Heiligen bezeugen, der sogar Reisenden geholfen
hatte, die andere Wallfahrtsstätten aufsuchten.

Gelübde

In aussichtslos scheinender Lage wandte sich im Spätmittelalter mancher vertrauensvoll
an einen Heiligen. Er erwartete einen großen Dienst: Wenn niemand mehr

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