Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
102.1983
Seite: 43
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1983/0045
,,0 deva vsech rumjanee / Sredi zelenych gor —/ . . (O Jungfrau mit den blühendsten
Wangen von allen / Inmitten grüner Berge —/).

Sie beschreibt das ,,Gasthaus zum Engel4* in Horben und seinen Wirt, mit dessen
Kindern sie häufig spielte, und sie berichtet über einen Besuch bei der Fürstin von
Thum und Taxis, von der sie erst viel später erfuhr, daß sie eine Mäzenin des von
Cvetaeva verehrten Rilke war. Den Namen der Fürstin deutete sie dabei, wie sie freimütig
bekennt, als ,,Tour et Taxus4*, als ,,Efeuturm4* (ba&nja v plju^e). Die mär-
chenumwobenen Züge des ,,Efeuturms4* strahlen auch auf andere Eindrücke über,
so etwa, wenn sie den Bohrerbach in Günterstal (mit ,,leichter'4 Übertreibung) als
Fluß der Undine des Baron de la Motte-Fouque schildert: ,, . . . anfänglich eine
scharf ansteigende Landstraße, dann, von irgendeiner Biegung aus, mehr geahnt als
sichtbar, der mit seinem doppelten Saum von Weiden verwachsene geliebte, kalte
Bohrerbach, halb Fluß der Undine, halb Bach, in den zu steigen man uns immer -
wegen seines eiskalten Wassers — verboten hatte, und in den wir einmal, von Kopf
bis Fuß, im Kleid . . .** (Der Satz bricht unvermittelt ab — A. M.). Über diese märchenhaften
Züge hinaus blieb nicht zuletzt auch das Bild des Heiligen Georg, des
Drachentöters, wie er am Schwabentor zu sehen ist, in ihrem Gedächtnis haften.
Diese Gestalt taucht häufiger in ihrem Werk auf, so in dem Gedicht-Zyklus ,,Geor-
gij4* aus dem Jahre 1921.

Marina Cvetaeva hielt sich deshalb in Freiburg auf, weil ihre Mutter im Klima des
Schwarzwaldes Heilung von der Tuberkulose suchte. Überhaupt genoß der
Schwarzwald damals unter der russischen Intelligenz den Ruf eines beinahe Wunder
wirkenden Sanatoriums. Der weltbekannte russische Schriftsteller und Dramatiker

v

Anton Pavloviö Cechov, selbst Arzt und schwer an Tuberkulose erkrankt, suchte
zwar 1904 in Badenweiler, wo er bald starb, Heilung, doch andere Russen, die an
Tuberkulose litten, wählten lieber die Umgebung Freiburgs. Maksim Gor'kij kam
im Dezember 1921 nach St. Blasien, um im dortigen Sanatorium Heilung zu suchen.
Da er seinen Aufenthalt nicht geheim hielt, war es fast natürlich, daß er noch vor
Weihnachten 1921 eine Einladung erhielt, an der Universität Freiburg vor Arbeitern
über Rußland und die russische Literatur zu sprechen. Am 25. Januar 1922 übersandte
er der ,,Freiburger Zeitung4* einen Beitrag, in dem er sich für eine Annäherung
zwischen Deutschland und Rußland aussprach. Im März 1922 machten deutsche
Filmemacher von ihm während eines Spaziergangs in St. Blasien Aufnahmen,
ohne ihn jedoch um eine Genehmigung gebeten zu haben. Gor'kij protestierte
schriftlich bei den deutschen Behörden, und am 1. April 1922 übersandten die Film-
Gesellschaften „Express-Film4* und „Der Tag im Film4* in Freiburg Gor'kij ein
Schreiben, in dem sie nachträglich um die Zustimmung baten, die Aufnahmen mit
ihm in den Kinos zeigen zu dürfen. Es ist nicht ausgeschlossen, daß die Filmaufnahmen
von Gor'kij vom Frühjahr 1922 in St. Blasien bis heute in irgendeinem Archiv
überdauert haben.

Im April 1922 reiste Gor'kij aus St. Blasien an die Ostsee ab, kehrte aber am
6. Juni 1923 nach Freiburg zurück und nahm in der Pension ,,Kyburg4* in Günterstal
Quartier. Gor'kij war von Freiburg begeistert, wie wir aus seinen Briefen wissen.
In Freiburg erhielt der Besuch von zahlreichen herausragenden Persönlichkeiten -
so war z.B. am 1. Juli 1923 der bekannte Theater-Regisseur Konstantin Stanislavskij

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