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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
102.1983
Seite: 94
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Ihren entscheidenden Einfluß konnten sie aber nur auf Grund des Scheiterns der
Weimarer Demokratie und des kometenhaften Aufstieges der NSDAP in den Wahlen
der Jahre 1929 bis 1932 erreichen.

Bei der Betrachtung einer Stadt wie Freiburg wird sich zwangsläufig das Interesse
auf den Aufstieg der NSDAP, seine speziellen Bedingungen und Formen konzentrieren
; auf die Frage also, wie es zur Herrschaft der Nationalsozialisten in Freiburg
kommen konnte, und warum die sogenannte Machtergreifung und die darauf folgende
Gleichschaltung in der Stadt, wie in fast allen Teilen des Reiches, ohne bedeutenden
Widerstand erfolgreich sein konnte.

Zur Analyse der Freiburger Situation zu Beginn der dreißiger Jahre ist zuerst ein
Blick auf die soziale und konfessionelle Lage wichtig.

Obwohl seit dem endgültigen Wechsel Freiburgs von Österreich an Baden eine
evangelische Kirchengemeinde in Freiburg existierte, deren Anteil an der Gesamtbevölkerung
stetig zunahm und 1933 immerhin bei 30 °/o lag, dominierten die Katholiken
in der Stadt. Am Sitz des Erzbischofs bekannten sich zwei Drittel der Bevölkerung
zum katholischen Glauben. Recht hoch war auch der jüdische Anteil an der
Bevölkerung mit 1 138 Personen oder 1,2 %.3 Dabei erfaßte man hier nur die sogenannten
Glaubensjuden, d.h. die konvertierten Juden wurden zu den Christen gezählt
. 1925 lebten sogar noch 1 399 Juden in der Stadt, die damit 1,6 % der Bevölkerung
stellten. In ganz Baden lag der Anteil der Juden 1925 bei etwa 1 %, im Landes-
kommissärbezirk Freiburg, einem Vorläufer des Regierungsbezirks Freiburg, sogar
nur bei 0,7 °7o. Auch der Reichsdurchschnitt blieb mit 0,9 °7o deutlich unter dem Freiburger
Wert.4

Von den Sonstigen, die keiner Kirche angehörten und vor allen Dingen in den
Industriegebieten Sachsens, Berlins und im Ruhrgebiet stark vertreten waren, da
hier viele Arbeiter aus Verbitterung oder ideologischen Gründen den Kirchen den
Rücken kehrten, gab es in Freiburg nur 1,8 °7o. Sie spielten somit keine Rolle. Trotzdem
wies NS-Oberbürgermeister Kerber in einem Schreiben an Erzbischof Gröber
vom 22. Juni 1933 besonders daraufhin, ,,daß bis zur Stunde städtische Schulen für
die Erteilung freireligiösen Unterrichts freigegeben waren." Er fuhr dann fort: ,,Ich
habe durch eine Verfügung diesem für eine christliche Stadt unwürdigen Zustand
ein Ende gemacht, indem ich sofort nach Bekanntwerden dieses Skandals dafür gesorgt
habe, daß öffentliche Gebäude für die Erteilung freireligiösen Unterrichts
nicht mehr zur Verfügung gestellt werden dürfen."5 Die freireligiösen Gruppen
waren für die beiden großen Kirchen trotz ihrer auch in ganz Baden geringen Zahl
ein ständiges Ärgernis. Die Nationalsozialisten spielten deshalb diesen Vorgang bewußt
hoch, um sich zumindest im Jahre 1933 als besonders christlich darzustellen.
Den Kirchen sollte demonstriert werden, daß nicht die christlichen Parteien in der
Weimarer Republik dieses „Übel" beseitigt hatten, sondern erst der Nationalsozialismus
, der im übrigen ja mit allen vermeintlichen Auswüchsen des vorangegangenen
Systems aufräumte.

Die Wirtschaftsstruktur der Stadt wich sehr stark vom Reichsdurchschnitt aber
auch von anderen Städten ab. Dies hing zum einen mit der Universität zusammen,
zum anderen aber auch mit der Bedeutung als administratives und Handelszentrum
eines weiten Umkreises. Land- und Forstwirtschaft spielte in Freiburg naturgemäß

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