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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
102.1983
Seite: 101
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1983/0103
Kosten der bürgerlichen Parteien ging. Allerdings bedauerte die sozialdemokratische
Volkswacht in einer Wahlbetrachtung, „daß zahlreiche dem Arbeiterstande angehörende
Wähler und Wählerinnen den Nazis nachlaufen, ohne sich darüber klar
zu sein, was für Folgen eine Hitlerherrschaft auch für sie haben kann."17 Gerade
unter Landarbeitern, aber auch unter Arbeitern in kleineren Gemeinden, in denen
die Arbeiterbewegung und vor allem deren Vereinswesen keine Rolle spielten, konnten
die Nationalsozialisten einige Erfolge erzielen. Dagegen lagen die „Einbruchs-
gebiete" in Freiburg weniger in den Arbeitervierteln als in den Bezirken, ,,in denen
die jbesseren* Kreise wohnen.'418

Die großen Verlierer der Wahl waren also auf dem Lande vor allem die bürgerlichen
Parteien, deren Uneinigkeit und Parteidünkel nach Meinung der Freiburger
Zeitung, den Aufstieg der NSDAP erst ermöglicht hatte. Schon damals machte sich
zunehmend Verdruß über die alten Parteien breit. „Mancher Bauer hat öffentlich
gesagt: ,Zu den Hitlern gehöre ich nicht, aber ich wähle sie. Die andern haben viel
versprochen und wenig gehalten, jetzt sollen die einmal zeigen, ob sie es besser
machen/ <<19.

Die erheblichen Verluste der Deutschnationalen in der Stadt Freiburg kamen
jedoch überwiegend dem erstmals kandidierenden Christlich Sozialen Volksdienst
zugute, einer evangelischen Splitterpartei, die aber insgesamt unbedeutend blieb.
Interessant ist in diesem Zusammenhang vielleicht nur, daß führende Mitglieder des
Christlich Sozialen Volksdienstes nach 1945 zusammen mit ehemaligen Zentrumsmitgliedern
in Südwestdeutschland die CDU bzw. die Badische Christlich-soziale
Volkspartei gründeten.

Schon wenige Wochen nach der Reichstagswahl mußten die Freiburger wieder an
die Wahlurnen. Diesmal galt es, die Stadtverordneten zu bestimmen. Auch hier
stieg die Wahlbeteiligung gegenüber 1926 stark an, nämlich von 40,3 auf 61,3 %.
Die hohe Wahlbeteiligung kam dabei fast ausschließlich den erstmals kandidierenden
Nationalsozialisten zugute, die auf Kosten der bürgerlichen Mittel- und Rechtsparteien
(DNVP, DVP, Wirtschaftspartei und DDP), zur drittstärksten Fraktion
wurden. Der aus der Stadtverordnetenwahl hervorgegangene Stadtrat, der in Freiburg
bis zum Ende der Weimarer Republik die Geschicke der Stadt leitete, setzte
sich wie folgt zusammen: Von den 18 Mitgliedern des Stadtrats stellte das Zentrum 7
(bisher 6), die Sozialdemokraten 4 (bisher 5), die NSDAP 3 (bisher 0), die Bürgergemeinschaft
und der Evangelische Volksdienst 2 (bisher 4) und die Wirtschaftspartei
2 (bisher 3) Abgeordnete. Damit konnten Zentrum und SPD, sofern sie sich einig
waren, weiterhin die Stadtpolitik bestimmen.

In den darauffolgenden Jahren radikalisierte sich das politische Leben zusehends
auch in Freiburg. Es kam immer häufiger in der Stadt zu politisch motivierten Auseinandersetzungen
zwischen Nationalsozialisten und Kommunisten, vor allem in der
Nähe des Martinstores, wo sich die Kommunisten trafen, oder beim Schwabentor,
vor dem Gewerkschaftshaus. Da aber die Polizei in Baden wie in Freiburg zumeist
sehr energisch einschritt, und auch die Klassengegensätze im Südwesten weniger
stark ausgeprägt waren als im Norden, Westen und Osten des Reiches, blieb die
Stadt von bürgerkriegsähnlichen Zuständen verschont. Deshalb forderte die politische
Auseinandersetzung hier auch zwischen 1930 und 1933 kein Todesopfer. Auch

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