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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
102.1983
Seite: 112
(PDF, 33 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1983/0114
Einer ähnlichen Fehleinschätzung unterlag die zentrumsnahe Freiburger Tagespost
in einem Kommentar zur Reichstagswahl, als sie, an die Adresse der NSDAP
gewandt, schrieb: ,,Es ist noch nicht aller Tage abend und es ist bekanntlich dafür
gesorgt, daß die Bäume nicht in den Himmel wachsen! Fackelzugsstimmung pflegt
etwas sehr Vergängliches zu sein!''51 Im Mai wählte die Zentrumsfraktion im gleichgeschalteten
Freiburger Bürgerausschuß den NS-Oberbürgermeister Kerber und versprach
loyale Mitarbeit; sie lehnte allerdings die Billigung der Absetzung von Oberbürgermeister
Bender ab.52 Mit dem Gesetz gegen die Neubildung von Parteien am
14. Juli 1933 war die NSDAP auch in Freiburg zur alleinigen Staatspartei geworden.
Aufgrund eines Abkommens zwischen DNVP und NSDAP war es allerdings für alte
DNVP-Mitglieder (vor dem 30. Januar 1933) möglich, ohne Wartezeit in die
NSDAP einzutreten, wie der Leiter der Freiburger Abwicklungsstelle der Deutschnationalen
Front und ehemalige Staatskommissar bei der Stadtverwaltung Brühler
am 15. Juli 1933 den ehemaligen DNVP-Mitgliedern mitteilte.53

Aber auch alle Vereine, Verbände und Innungen wurden entweder gleichgeschaltet
oder aufgelöst. Die Brüche waren hier zumeist sehr viel geringer. Häufig wurden
nur NSDAP-Mitglieder zugewählt. So berichtete die Breisgauer Zeitung über die
Gleichschaltung des Freiburger Lehrervereins, daß zwei Nationalsozialisten an die
Spitze des Vereins traten, die sich herzlich beim scheidenden Vorstand bedankten,
und daß man die übrigen Ämter nur zum Teil neu besetzte.54 Bei der Gleichschaltung
im Bäckergewerbe wurde der seit 1911 amtierende bisherige Obermeister ,,als
bewährter Führer und sturmerprobter Vorkämpfer des Handwerks ERNEUT AN
DIE SPITZE DER INNUNG BERUFEN."55 Auch bei den Friseuren sollte der seit
22 Jahren an der Spitze der Innung stehende Obermeister wiedergewählt werden,
was dieser aber nicht annehmen wollte. Daraufhin ernannte ihn die Versammlung
zum Ehrenobermeister.56 Die Gleichschaltung war also häufig kein abrupter Übergang
vom alten Vorstand zum neuen nationalsozialistischen Vorstand. Zum einen
besaß die NSDAP gerade unter den Gewerbetreibenden und in deren Vereinigungen
schon vor 1933 viele Anhänger, zum anderen versuchte die Partei anerkannte Persönlichkeiten
, die sich nicht als Gegner hervorgetan hatten, in das neue Regime zu
integrieren.

Neben diesem ,,Zuckerbrot4* — dem Angebot im neuen Staat in der alten Position
mitzuarbeiten — benutzte die NSDAP aber auch sehr häufig die ,,Peitsche4' der
Denunziation und Gewaltandrohung, wobei sie es mit der Wahrheit zumeist nicht
sehr genau nahm. Ein entlarvendes Beispiel hierfür lieferte der Alemanne selbst. Am
16. Mai berichtete die Zeitung über einen Herrn R . . . aus Wolfenweiler, der gegen
die Regierung Hitler und die NSDAP hetze, und drohte ihm an, ,,daß uns auch noch
andere Mittel zur Verfügung stehen, um ihm sein Verhalten zur neuen Regierung
klar zumachen.<<57 Drei Tage später hieß es in einer Berichtigung, daß selbstverständlich
nicht der gleichnamige kommissarische Bürgermeister, sondern Herr
M . . . R . . . gemeint sei.58 Schließlich teilte der Alemanne seinen Lesern acht Tage
später in einer erneuten Berichtigung mit, ,,daß (sich) M ... R ... in keiner Weise
beleidigende Aussagen gegen die Regierung Hitler oder der NSDAP zu Schulden
kommen ließ, was wir hiermit richtig stellen."59 Ganz offensichtlich war die nationalsozialistische
Zeitung hier einer von vielen Denunziationen aufgesessen, die in

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