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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
102.1983
Seite: 117
(PDF, 33 MB)
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wieder mit wenigen Ausnahmen durch ihre Scheu vor der Handarbeit auffallen
würden.88

Während sich große Teile des deutschen Volkes auch in Freiburg 1933 am Beginn
einer neuen besseren Zeit wähnten, begann für einen kleinen Teil der Deutschen
schon damals ein häufig tödlich endender Leidensweg.

Abschließend erhebt sich damit zwangsläufig die Frage nach den Gründen für die
auch in Freiburg nahezu reibungslose Gleichschaltung, die uns noch heute im Rückblick
immer wieder überrascht.

Betrachtet man die letzten leidlich freien Wahlen vom 5. März 1933, so zeigt sich,
daß die Mehrheit der Deutschen nicht für Hitler stimmte. In der Stadt Freiburg
waren dies sogar mehr als zwei Drittel der Wähler. Aber diese ausschließliche Fixierung
auf die NSDAP-Stimmen verdeckt den Blick darauf, daß diejenigen Parteien,
die für die Weimarer Republik und damit für eine Demokratie westlichen Musters
eintraten, nämlich SPD und Deutsche Staatspartei, 1933 in Freiburg gerade noch
15 % erhielten.

Alle übrigen Parteien einschließlich des Zentrums setzten sich zu diesem Zeitpunkt
nicht mehr für die ohne Zweifel mit schweren Mängeln behaftete parlamentarische
Demokratie Weimarer Prägung ein, ohne allerdings deshalb konkrete Vorstellungen
von dem zu haben, was an ihre Stelle treten sollte. Damit wurden aber
diese Gruppen anfällig für nationalsozialistische Maßnahmen, die vorgeblich der
Bekämpfung der Auswüchse dieser Demokratie galten. Ein Beispiel dafür war der
sogenannte Kampf gegen Schmutz und Schund, der schon seit Jahren von Kirchen
und christlichen bzw. konservativen Parteien gefordert wurde. Aber neben dieser
Teilidentität der Ziele, die auch für die Revision des Versailler Vertrags galt, für die
alle Parteien von der KPD bis zur NSDAP eintraten, gab es aber auch gemeinsame
Feindbilder, die die bürgerlichen und christlichen Parteien mit dem Nationalsozialismus
verbanden. Dazu gehörten in erster Linie die ,,Marxisten'', zu denen neben
den Kommunisten auch sehr bald schon die Sozialdemokraten gezählt wurden, die
noch wenige Monate zuvor mit dem Zentrum zusammen die badische Regierung gebildet
hatten. Dazu gehörten aber auch gesellschaftliche und religiöse Randgruppen
wie z. B. Zigeuner und Juden.

Ebenso fanden Teile der nationalsozialistischen Phraseologie weit über die Parteigrenzen
hinaus Anklang. Die Begriffe ,Volksgemeinschaft* und »Führer* wurden
schon in den zwanziger Jahren von anderen Parteien verwendet. Die Forderung der
Unterordnung des Einzelnen unter das Volksganze befremdete kaum jemanden.
Das gehörte schon fast ebenso zu den Selbstverständlichkeiten der deutschen Gesellschaft
wie ein nahezu ungebrochener Nationalismus und ein nicht nur in bürgerlichen
Kreisen weit verbreiteter Militarismus.

Individuelle Freiheitsrechte oder Menschenrechte stellten deshalb kein Thema
dar. Die Demokratie war, wie einer der besten Kenner des deutschen Katholizismus
im Dritten Reich kürzlich in Freiburg ausführte, kein Glaubensartikel. Es bestand
darum auch für die Kirche keine Notwendigkeit, öffentlich dafür einzutreten. Die
Demokratie war eine unter vielen möglichen Staatsformen und nach den Erfahrungen
der Weimarer Republik sehr viel schlechter als das Kaiserreich. Außerdem gehörten
die meisten Opfer des Nationalsozialismus zu Beginn des- Dritten Reiches zu

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