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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
102.1983
Seite: 122
(PDF, 33 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1983/0124
Es liegt eigentlich sehr nahe, die Vorgänge von den verfügbaren historischen
Quellen her zu überprüfen, die Version Heideggers gewissermaßen gegenzulesen.
Dies ist meine Intention, die freilich darüber hinaus geht: nämlich Verständnis zu
gewinnen für einen insgesamt komplexen Zusammenhang, in den die Rektoratsfrage
an der Universität kurz vor Beginn des Sommersemesters 1933 eingebettet war.
Zur Aufhellung der Sachverhalte konnte neben den Materialien des Universitätsarchivs
Freiburg, die indes nicht in wünschenswerter Weise vollständig sind und überdies
nicht in vollem Umfang der wissenschaftlichen Forschung zur Verfügung stehen
, vor allem auf die Bestände des Generallandesarchivs Karlsruhe, des Staatsarchivs
Freiburg, des Stadtarchivs Freiburg und nicht zuletzt auf eine überaus interessante
und ergiebige Quelle, nämlich auf das Tagebuch von Joseph Sauer — bis zum
15. April 1933 Rektor der Universität Freiburg —, abgestellt werden.3

Diese letztgenannte Quelle zur Einstimmung auf die Gesamtsituation auswertend,
kann ich feststellen: gerade aus den Tagebucheinträgen Sauers erhellt ein weiteres
Mal, wie intensiv und reflektiert die Hektik und Dynamik des politischen Umbruchs
empfunden worden ist, zumal von Intellektuellen katholisch-konservativer Provenienz
, denen ein nationales Denken nicht ferne lag, denen aber auch der Realitätssinn
nicht getrübt war wie so manchem Politiker, nicht zuletzt aus dem Zentrumslager
: der Reichstagsbrand vom 28. Februar wurde von Sauer als „Brandfackel" für
die bevorstehende Reichstagswahl gewertet.4 Zum Sonntag, 12. März, vermerkt
Sauer nach der Teilnahme an einem von Erzbischof Gröber zu Ehren des Nuntius
Orsenigo gegebenen Essen — am Vortag waren in Karlsruhe unter dramatischen Begleiterscheinungen
die Kirchenverträge noch von der alten Regierung ratifiziert worden5
—, indem er auf die ebenfalls anwesenden Politiker Staatspräsident Schmitt
und Kultusminister Baumgartner anspielte: ,,Die letzteren führten bei Tisch das
Hauptgespräch, das sich um die gestrigen Zustände und Vorgänge drehte. Alles
zeigte, daß die Herren noch gar nicht verstehen, um was es sich handelt, und daß die
kleinen Einzelvorgänge ausscheiden vor der großen Frage, ob jetzt ungemildert die
radikalste Diktatur nationalsozialistischer Färbung sich rasch durchsetzt mit ungeheurer
Gesinnungsvergewaltigung und Brutalisierung aller individuellen Rechte
oder ob wir vor dem unabwehrbaren Durchbruch des Bolschewismus stehen . . .".6
Einige Tage später — jedenfalls noch vor dem 17. März — hatte Sauer in Karlsruhe
eine Unterredung mit dem für das Studienjahr 1933/34 gewählten Rektor Willy Andreas
(Heidelberg) und dem noch amtierenden Rektor Holl (Technische Hochschule
Karlsruhe) über die neue Lage an den Universitäten, wobei er von Willy Andreas erfuhr
, daß das Hochschulreferat im Kultusministerium an Eugen Fehrle7 von der
Universität Heidelberg fallen werde: ,,Das wäre wenigstens kein völliger Outsider,
und wenn auch nicht sehr entschieden, doch kein brutaler Gewalttäter."8 Sauer
ahnte im Verein mit seinen Amtskollegen von den badischen Hochschulen Schlimmes
voraus — in jenen Tagen des März, da sich ,,die Dinge beängstigend überstürzten
"9 und die Gleichschaltung auf vollen Touren lief. Immerhin schwingt in den Notizen
Sauers die leise Hoffnung auf Wahrung des Freiraums »Universität4 mit.

Bei der Einstellung auf unsere engere Thematik scheint es geboten, unter Beibehaltung
eines ungefähren chronologischen Vorgehens den Prozeß der Entscheidung
im Bereich der Universität Freiburg zu strukturieren, wobei als eine Voraussetzung

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