Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
102.1983
Seite: 123
(PDF, 33 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1983/0125
zu sehen ist: noch galt das Prinzip der universitären Selbstverwaltung und der akademischen
Vorrechte. Freilich sollte sich rasch zeigen, daß die neue, auf der Herrschaft
der NSDAP und ihrer Gliederungen aufgebaute Staatsgewalt, die Barrieren
dieses Reservates vom programmatischen Anspruch der Bewegung mißachtend,
ganz massiv intervenierte und die wissenschaftlichen Hochschulen, soweit als nur irgend
möglich, in die politische Gleichschaltung einbezog, dabei auf viel, sehr viel
Entgegenkommen aus den Universitäten stoßend,10 auch aus der Universität Freiburg
. Eine weitere Voraussetzung sollte bedacht werden: die staatlichen resp. parteiamtlichen
Einflußnahmen und Eingriffe in den universitären Sektor gestalteten sich
trotz gleichförmiger Rechtsgrundlage — jetzt nur auf das Land Baden bezogen —11
höchst unterschiedlich: der Heidelberger Rektor Andreas konnte sich halten,12 die
Freiburger Entwicklung dagegen verlief auf sehr spezifische Weise.

Ein Freiburger Specificum war zunächst die Verknüpfung des Schicksals des
künftigen Rektors v. Möllendorff mit der politischen Position des amtierenden
Oberbürgermeisters Dr. Bender, der aus dem Zentrum kam. Daß auch ein so verdientes
Stadtoberhaupt, wie es Bender ohne Zweifel war, auf der Abschußliste der
neuen Machthaber stand, verwundert nicht, zumal in dem Freiburger Kreisleiter der
NSDAP und Hauptschriftleiter des Kampfblattes ,,Der Alemanne", Dr. Kerber, 33
Jahre alt, ein enragierter Anwärter bereitstand, dem die volle Unterstützung durch
den Reichskommissar und Gauleiter Robert Wagner sicher war. Dagegen sollte auf
der Waage des politischen Ringens all das leicht befunden werden, was an Einsatz
für Dr. Bender aus den Kreisen der Bürgerschaft Freiburgs und vor allem aus der
Universität eingebracht wurde. Obwohl in diesem Zusammenhang nicht detailliert
auf die Verdrängung Dr. Benders eingegangen werden kann,13 ist zum Verständnis
unseres Problems folgendes zu skizzieren: die tragische Verwicklung des Freiburger
Landtagsabgeordneten Nußbaum (SPD), der am 17. März während einer Razzia
zwei Polizeibeamte tödlich verletzte, leitete nicht nur ein rücksichtsloses Vorgehen
gegen die Arbeiterparteien ein,14 sondern wurde auch zum ersten massiven Propagandaschlag
gegen den Oberbürgermeister genutzt, weil Dr. Bender die abendliche
Theatervorstellung am 17. März mit der Begründung abgesagt hatte, es sei ein
schwerer Unglücksfall für zwei Familien eingetreten. Kerber fiel maßlos über Dr.
Bender her und forderte beim Reichskommissar telegraphisch die Absetzung Benders
.15 Bender fand in diesen schweren Stunden, die das Ende seiner beruflichen
Karriere einleiteten, nicht die solidarische Unterstützung aller maßgeblichen Parteifreunde
aus dem Freiburger Zentrum: es kam am Abend des 17. März im Parteivorstand
zu heftigen Auseinandersetzungen: „Föhr und Person fielen ihn maßlos an.
Bender führte seine Verteidigung in Form schwerster Anklage gegen Föhr und Person
. Kopf stand ihm zur Seite und rief Föhr zu: ,Ja, Sie sind nicht unfehlbar!' Der
Oberbürgermeister will daraufhin seinen Austritt aus der Partei erklären", so
schrieb Sauer in sein Tagebuch.16 Da Sauer und Bender als Gründungsmitglieder des
Rotary-Clubs Freiburg in jenen Tagen außerordentlich eng verbunden waren, gewinnen
die Informationen besonderes Gewicht: die offizielle Gründungsfeier von
Rotary fand am 18. März statt. Bender und Sauer gingen nach der Gründungsfeier
gemeinsam nach Hause: ,,Er (sc. Bender) ist heute ruhiger, aber noch bestimmter,
auszutreten (sc. aus der Zentrumspartei).4'17 Gestützt wird diese durch Sauer vermit-

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