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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
102.1983
Seite: 126
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überflüssige Widerstände nicht hindernd und störend einsetzen! Herrn Professor
Dr. von Möllendorff legen wir nahe, die Gelegenheit zu benutzen und der Neuordnung
der Hochschule nicht im Wege zu stehen.*6

Diese verbale Attacke gegen einen international renommierten Wissenschaftler,22
freilich einen überzeugten Demokraten und Republikaner, soll vorerst auf sich beruhen
bleiben, da später auf den Stellenwert eingegangen wird. Die Signalwirkung war
unübersehbar, wie sich aus dem Protokoll der Plenarversammlung vom 21. April ergibt
, auf der Martin Heidegger zum Rektor gewählt wurde. Dazu später! Immerhin
sei darauf verwiesen, daß zwischen „Alemannen'6 und NS-Studentenschaft in konzertierter
Aktion vorgegangen wurde, denn die Studentenschaft schrieb nach der
Veröffentlichung vom 18. April an Möllendorff: ,,Die Studentenschaft muß, wenn
die dort (sc. im „Alemannen") gebrachten Vorwürfe auf Tatsachen beruhen, in
dem Vorgehen Eurer Magnifizenz eine Mißtrauenskundgebung gegen die Einsicht
der leitenden Stellen der Badischen Regierung erblicken", v. Möllendorff zu einer
Stellungnahme auffordernd und auf die gefährdete Zusammenarbeit hinweisend.23
Der Rektor hatte bereits am 17. April die Freiburger Tagespost" um eine interpretierende
Stellungnahme gebeten, die auch am 19. April erschien: die Freiburger Abordnung
habe sich beim Reichskommissar nicht für ein Verbleiben Benders im Amt
eingesetzt, sondern Wagner nur gebeten, die nach den bisher geltenden Gesetzen
einwandfreie Amtsführung Benders zu würdigen, und dabei den Wunsch geäußert,
Bender solle gegen unsachliche Angriffe geschützt werden.24

Jedenfalls möchte ich als ein erstes Ergebnis festhalten: daß Wilhelm v. Möllendorff
den Weg für Martin Heidegger freigemacht hat — v. Möllendorff ist, das sei
an dieser Stelle schon vermerkt, nicht auf Weisung aus Karlsruhe zurückgetreten
oder gar abgesetzt worden —, hängt auch, wenn auch nicht in erster Linie, mit dem
,,Alemannen"-Beitrag zusammen — ein genau berechneter, in der Diktion wohl
nicht ohne Mitwirkung aus Universitätskreisen genährter Artikel.

Indes traten weitere Elemente hinzu, die die komplexe Entscheidungssituation, in
der v. Möllendorff sich in jenen Apriltagen befunden hat, aufhellen lassen. So müssen
wir einen zweiten Strang der Entwicklung verfolgen, nämlich die antijüdische
Hetzkampagne und die darauf beruhende Bekanntmachung des Reichskommissars
Wagner vom 5. April 1933, ,,daß alle im badischen Staatsdienst und Staatsbetrieben
tätigen Angehörigen der jüdischen Rasse (ohne Rücksicht auf die konfessionelle Zugehörigkeit
) bis auf weiteres vom Dienst zu beurlauben sind . . .",25 woraus sich
zwei für die Universitäten bezügliche Erlasse herleiteten: a) Nr. 7642 vom 6. April,
in dem die sofortige Beurlaubung von Juden aus dem Hochschuldienst verfügt wurde
; b) Nr. 7723 vom 7. April, der bestimmte: ,,Die in den Ländern erfolgte Gleichschaltung
und durch den Erlaß vom 6. 4. 33 Nr. A 7642 geschaffene Sachlage lassen
es geboten erscheinen . . ., insbesondere die Senate u.a. neu zu bilden".26 Es ist in
diesen Apriltagen in Universitätskreisen Badens gerätselt worden, wie dieser badische
Alleingang zu erklären sei. Auch heute läßt sich keine befriedigende Antwort
geben. Soviel konnte eruiert werden: Die auf den 1. April reichsweit anberaumte
Boykottaktion gegen die deutschen Juden wirkte sich an den badischen Universitäten
insofern aus, als in erster Linie die in den NS-Bünden organisierte Ärzteschaft
im Verein mit anderen NS-Organisationen bemüht war, die Universitätskliniken

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