Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
102.1983
Seite: 127
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1983/0129
Judenfrei* zu machen, wobei sich z.T. groteske Aktivitäten abzeichneten, alle jedoch
mit dem Ziel, jüdische Ärzte und jüdisches Pflegepersonal aus den Krankenhäusern
zu verbannen. So unglaublich dies dem Großteil der im Universitätsleben
Stehenden auch erscheinen mochte, an der naßforschen und brutalen Art der alten
Kämpfer war nicht zu zweifeln. Sauer notierte am 31. März: ,,Seit gestern ist der
Boykott gegen alle jüdischen Geschäfte, Ärzte und Rechtsanwälte angedroht als Abwehrmaßnahme
gegen die Greuelmeldungen im Ausland . . . Wie kommt doch die
Bestien-Natur immer im Menschen wieder durch. Man schämt sich, Deutscher zu
sein, vor dem Ausland. Ich telephonierte mit Andreas-Heidelberg, wie man sich verhalten
solle. Er sieht die Sache harmlos an.44

Doch das hätte der Heidelberger Historiker und künftige Rektor nicht tun sollen,
da in seiner Universitätsstadt die lebhaftesten Aktivitäten gegen die Juden in den
Universitätskliniken seit Tagen in Gange waren: in der Universitätsstadt Heidelberg,
die weit stärker als Freiburg vom NS-Geist durchsetzt war, intervenierte die NS-Ärz-
teschaft am 30. März in aller Unverfrorenheit bei der Medizinischen Fakultät, diese
auffordernd, ,,dafür Sorge zu tragen, daß alle jüdischen Assistenzärzte, Volontärärzte
und Medizinalpraktikanten Heidelberger Kliniken vom 1. 4. an beurlaubt wer-
den", was den Dekan zu einer ebenso besorgten wie mutigen Rückfrage beim Kultusministerium
veranlaßte, besonders darauf abhebend, daß die Zusammenarbeit
mit der Regierung erschwert werde, ,,wenn von Stellen, die in keinem dienstlichen
Verhältnis zur Universität stehen, in dieser Weise Wünsche geltend gemacht
werden".27 So peinlich dies — freilich nur aus Gründen des Dienstweges! — dem
Hochschulreferenten Fehrle auch angesichts seiner Zugehörigkeit zum Lehrkörper
der Universität Heidelberg sein mochte, die Kungelei mit den Heidelberger Parteigenossen
ist im Schreiben an den Heidelberger führenden NS-Ärztefunktionär penetrant
offenkundig: die Fakultät sei für solche Fragen nicht zuständig, und künftig
möge er doch „derartige Gesuche an das Ministerium, nicht an die Fakultät oder an
die Universität" richten, ihm versichernd: ,,Ich bitte Sie und Ihre Kollegen nur noch
kurze Zeit zu warten. Diese Frage wird allernächstens von rechtswegen aus entschieden
. Vielleicht ist die Entscheidung schon gefallen, bis mein Brief in Ihren Händen
ist."28

Was in Heidelberg vom NS-Ärztebund, Gau Baden, erreicht werden sollte, wurde
in Freiburg aus den entsprechenden Kreisen als bereits vollzogen kolportiert: ,,Ich
wurde von Rehn antelephoniert: Dr. Haal habe ihn ersucht, in diesen Tagen die jüdischen
Assistenten aus den Kliniken zu beurlauben. In Heidelberg werde das schon
so gehalten. Darauf telefoniere ich bei Andreas an und erhalte Bescheid, dem sei
nicht so", vertraute Sauer am 1. April dem Tagebuch an.29

Um so miserabler war auf diesem Hintergrund das Spiel, das der Hochschulreferent
Fehrle anläßlich seines Besuches an der Universität Freiburg am 4. April betrieb
, alle Besorgnis — auch angesichts des beim „Alemannen" als Dossier liegenden
Verzeichnisses jüdischer Assistenten an den Kliniken und jüdischer Universitätsangehöriger
— zerstreuend: ,,Er beruhigte, daß keine wesentlichen Veränderungen
im Hochschulleben bevorstünden. Sie seien wohl im ersten Elan geplant gewesen
, doch habe er die Herren bald überzeugen können, daß solche aus dem Ermächtigungsgesetz
nicht abgeleitet werden könnten, da der akademische Lehrer mit dem

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