http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1984/0156
Grenzen. Ausser der Zerstörung der Synagoge und einiger
Fensterscheiben harnen mir keinerlei Ausschreitungen zu
Gehör. Und auch über diese Beschädigungen schien keine
tiefgehende Freude zu herrschen. Jch begab mich am Abend
des 1o.11. zur abgebrannten Synagoge, wo mehrere hundert
Menschen schweigend umherstanden. Ausbrüche der Freude
habe ich dabei nicht feststellen können. Allgemeine Genugtuung
fand aber anscheinend die von Minister Goring den
Ju,den auferlegte Sühne von einer Milliarde Mark. Jch bin
überzeugt, dass bei dem ausgeprägten Solidaritätsgefühl,
das unter den Juden herrscht, diese Summe ohne sehr empfindliche
Beeinträchtigung des Einzelnen auf sie repartiert
werden kann. Denn sie haben noch Geld, wie ich aus dem
Einbringen der in anliegendem Verzeichnis aufgeführten
hier Verhafteten ergibt. Das Einbringen der unter O.Z.
86 - 7oJ konnte nicht mehr verzeichnet werden, weil diese
Juden kurz vor Abgang des Transports hier eingeliefert wurden. 34
Juden wurden nicht mehr in's Verzeichnis aufgenommen, sondern
anhand des von der Polizei mitgebrachten Verzeichnisses
direkt auf Transport ge^ßtzt. 85 Juden brachten insgesamt
RM 823o.— mit, sodass auf den Einzelnen rund RU 1oo.- entfallen.
Jch glaube, das Ergebnis wäre bei weitem nicht so gut, wenn je
einmal eine Razzia unter den Freiburger Oberbeamten stattfinden
sollte. „
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