Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
106.1987
Seite: 84
(PDF, 45 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1987/0086
macher wegen der Wiederwahl Caspar Rotenkopfs zum Zunftmeister, der mit Walzenmüller
an der Spitze der Agitation von 1492 gestanden hatte, als auch die Metzger
wegen Beschneidung ihres Zollvorteils erbitterte Streitigkeiten mit dem Rat vom
Zaun brechen.116 Den Schlüssel zum längerfristigen Ausgleich zwischen Rat und
Gemeinde bildete indes die 1495 beschlossene sogenannte 'Zunftreformierung', in der
der Rat mit der Einführung einer geschlossenen Stadtwirtschaft auf der Basis von
kleingewerblichen Produktionsformen den protektionistischen Bestrebungen der
Handwerker nach langem Zögern endlich nachgab.117 Damit waren allerdings die
Haushaltskrisen noch lange nicht bewältigt. Mit der 'Zunftreformierung' waren nunmehr
die Voraussetzungen für ein innerstädtisches Gleichgewicht geschaffen, das in
den darauffolgenden Jahrzehnten den Bedrängnissen von Reformation und Bauernkrieg
standhielt.

Mißt man zum Schluß diese Ergebnisse an der Typologie spätmittelalterlicher Gemeindebewegungen
im Reich, die fiir andere Städte ausgearbeitet worden ist, so sind
in vierfacher Hinsicht weitgehende Kongruenzen festzustellen.

1. Die Ursachen der Gemeindebewegung liegen zweifelsohne in der andauernden
städtischen Finanzkrise, bzw. in der Unfähigkeit einer oligarchischen Ratsherrschaft
, ihrer Herr zu werden. In Freiburg hat die Opposition aber selber keine
Vorschläge zur Sanierung vorgebracht, wohl weil sie zum Teil durch äußere
Zwänge — besonders Maximilians Geldbedarf — vereitelt wurde. Die Gemeindevertreter
unter den Kaufhausherren betrachteten sich lediglich als Kontrollorgan;
an der undankbaren Mitgestaltung der Finanzpolitik waren sie nicht interessiert.

2. Äußerlich geht der Ablauf der Ereignisse in Freiburg mit dem in anderen Städten
zu beobachtenden konform: Auf Unmutsäußerungen folgt die Bildung eines
Bürgerausschusses, dessen Vollmachten offenbar beschränkt sind. Beim Scheitern
einer friedlichen Machtübernahme kommt es zur öffentlichen Agitation; die Gemeindeopposition
setzt sich zwar nicht durch, deren Verfassungsorgan amtiert dafür
weiter. In Freiburg ist dieser Ablauf indes nur vor dem Hintergrund der Reformen
von 1490 denkbar, die wohl auf Betreiben der Gemeinde, doch ebenfalls auf
Geheiß des Königs und der Ensisheimer Regierung durchgeführt wurden. Der Rat
reagiert somit auf Druck von innen oder unten als auch von außen oder oben. Gegenüber
den freien und Reichsstädten ist diese Zwickmühle als Charakteristikum
einer Territorialstadt .zu werten.

3. Dem Anschein nach entspricht die Zusammensetzung der Opposition
dem 24er-Ausschuß, wenigstens darf sie als dessen Front angesehen werden.
Schon die verfassungsrechtliche Besetzung des Ausschusses aus allen zwölf Zünften
vereitelt die Annahme, daß es dabei vorsätzlich um eine Tendenzbewegung
ging bzw. werden schichtenspezifische Interessen durch die förmliche Gleichstellung
der nicht gleichwertigen Zünfte verschleiert. Hinter dieser Fassade verbergen
sich zwar Vorwehen eines Klassenhasses, fiir die Bewegung insgesamt geben sie
aber schwerlich den Ausschlag. Nur recht begrenzt sind frühkapitalistische Ansätze
in Freiburg zu beobachten. Vielmehr haben wir uns eine genuine Gemeindebewegung
vorzustellen, derer sich geschickte Karrieristen — Walzenmüller, Ro-
tenkopf — bemächtigen und sie für ihre eigenen Zwecke auszunützen versuchen.
Auch dies ist in anderen Städten kein seltenes Phänomen.118

84


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1987/0086