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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
106.1987
Seite: 98
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II.

Um die Auswanderung aus Südbaden im 18. Jahrhundert besser zu verstehen, ist sie
im Kontext der damaligen Bevölkerungssituation zu betrachten. Die Geschichte der
Entvölkerung im 17. Jahrhundert in Deutschland ist bekannt: Wegendes Dreißigjährigen
Krieges sank die Bevölkerungszahl Deutschlands von rund 20 bis auf 12,5 Millionen
.6 Die am schlimmsten betroffenen Gebiete lagen in Südwestdeutschland, wo die
Pfalz 80 bis 85 % der Bevölkerung verlor und Württemberg 60 bis 70 %.7 In Baden
war die Situation ähnlich: Nordbaden verlor 10 bis 30 % der Bevölkerung und Südbaden
30 bis 50%.8 Im Oberamt Hochberg (im nördlichen Breisgau) gab es 1627
3.245 „Mannschaften", während 1653 nur 1.128 zu zählen waren.9 Ein hoher Geburtenüberschuß
und eine große staatlich geförderte Einwanderung, besonders aus der
Schweiz, ermöglichten die Wiederbevölkerung Südwestdeutschlands in der zweiten
Hälfte des 17. Jahrhunderts. Die Bevölkerungszahl von 1620 wurde aber erst etwa
über 100 Jahre später wiedererreicht.10

Im 18. Jahrhundert kam es zu einer Bevölkerungsexplosion oder „demographischen
Revolution", und zwar nicht nur in Deutschland, sondern auch in ganz Europa, wo
die Bevölkerungszahl von ungefähr 100 — 120 Millionen im Jahre 1720 auf 120 — 140
Millionen im Jahre 1750 anstieg und dann auf 180 — 190 Millionen im Jahre 1800.11
Die Gründe dieser Bevölkerungsexplosion sind immer noch nicht klar. Mit Sicherheit
kann man jetzt nur sagen, daß die Sterberate ständig sank, dies bei gleichzeitigem
Anstieg der Geburtsrate. Daß die Art der Kriegsfolgen im 18. Jahrhundert nicht
so schrecklich war, wie im 17. Jahrhundert, und daß die Pest ab 1720 praktisch verschwand
, spielte auch eine Rolle.12 Fernand Braudel spricht von einer weltweiten
Bevölkerungsexplosion in der Frühneuzeit. Von 1650 bis 1800 nahm die Weltbevölkerungszahl
um 68 bis 80% zu.13 Seinen Grund für diesen relativ raschen Anstieg
findet er in „einer Verbesserung des Klimas", ohne zu sagen, was das heißen
soll.14

Die südbadische Auswanderung ist auch im Kontext der Auswanderung aus Baden
zu verstehen. Es gibt wenig Literatur über das ganze Gebiet „Baden" im 18. Jahrhundert
, haupsächlich weil es bis 1806 nicht politisch vereint war. Jedoch gibt es auch
wenig über die verschiedenen größeren Staaten dieses Gebietes, z. B. Baden-Durlach,
Baden-Baden oder Vorderösterreich. Die Arbeit von Renate Vowinkel, Ursachen der
Auswanderung, gezeigt an badischen Beispielen des 18. und 19. Jahrhunderts
(1939),15 ist eine der wichtigeren der früheren Arbeiten. Sie behandelt aber nur die
Auswanderungswellen von 1749 und 1799 bis 1803: bei der ersten nur die südlichen
und mittleren Teile Baden-Durlachs, zusammen mit der Bevölkerungspolitik von
Karlsruhe, und bei der zweiten dasselbe, dazu ein bißchen das alte Baden-Baden, den
nördlichen Teil Baden-Durlachs und die offizielle Tabelle der ganzen Markgrafschaft
. Die besten Abhandlungen über die Auswanderung aus ganz Baden im
18. Jahrhundert sind die Arbeiten von Werner Hacker.16 Hier wird das Gebiet
„obere und mittlere rechtsseitige Oberrheinlande" behandelt.

Die Bevölkerungssituation dieses Gebietes war ähnlich der in ganz Deutschland:
Nach der Entvölkerung des 17. Jahrhunderts folgte eine stets wachsende Einwohnerzahl
im späten 17. und frühen 18. Jahrhundert und praktisch eine Bevötkerungsexplo-

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