http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1987/0109
dominierten die Klein- und Zwergbetriebe in zunehmendem Maße. Im 17. Jahrhundert
milderten die hohen Bevölkerungsverluste des Dreißigjährigen Krieges zeitweise
den Bevölkerungsdruck. Um 1699 war der Vorkriegsstand der landwirtschaftlichen
Nutzfläche noch nicht erreicht, teilweise wegen der immer wieder vorkommenden
Kriege mit den Franzosen. Aber im 18. Jahrhundert tauchte das Problem der Bodenzersplitterung
wieder auf. Um 1724 wurde Aufteilung von Gütern in „allzu kleine
partes" verboten, aber dieses Gesetz blieb wirkungslos, weil es keine Mindestgröße
bestimmte. Das Problem war bis dahin noch nicht so dringend geworden. Von 1753
bis 1756 wurde in Karlsruhe über ein Teilungsverbot gesprochen. Endlich bestimmte
ein Generalreskript vom 17. März 1760 klare, fixierte und bei Strafe nicht unterschreitbare
Mindestgrößen bei der Güterteilung. (Das Problem war offensichtlich bis
dahin doch so dringend geworden). Ackerboden, Wiesen und Weingarten durften
nicht unter 1/4 Jauchert bzw. 1/8 Jauchert (0,09 bzw. 0,045 Hektar!) geteilt werden.36
Aber viele Güter waren schon kleiner und viele wurden kleiner, trotz der Reskripte
von 1760 und von 1766, die mit Konfiskation drohten. Die etwas kurzsichtigen und
traditionellen Bauern klagten immer wieder gegen diese neuen Gesetze. Die Antwort
der Rentkammer und des Hofratkollegiums darauf war, daß die Schuld an dieser Entwicklung
die „Multiplakation der Familien" sei. In Malterdingen, Bischof fingen,
Denzlingen und Niederemmendingen betrugen von 1707 bis 1804 die Grundstücke im
Schnitt ein bis zwei Jauchert und in günstigen Fällen drei bis vier Jauchert. Die Betriebsgrößenstrukturen
um 1770 in Weisweil und Eichstetten waren folgende:37
0—4,8 ha
4,8—9,6 ha
9,6—79 ha
19—24 ha
Weis weil
71
41
23
1
Eichstetten
300
20
6
Heute ist ein Stück von weniger als fünf Hektar als Zwerg- oder Kleinbetrieb klassifiziert
, während fünf bis zwanzig Hektar als mittelbäuerlicher Betrieb gelten.
Das Generalreskript von 1760 erschien im gleichen Jahr, in dem die Bevölkerungszahl
von Hochberg endlich die von 1620 wieder erreichte. Der Zusammenhang
ist unübersehbar: In den Realteilungsgebieten herrschte ein wachsender Bevölkerungsdruck
auf die Landschaft, der schon vor dem Dreißigjährigen Krieg zu fortgeschrittener
Bodenzersplitterung geführt hatte. Mit dem Verlust von zwei Dritteln der
Bevölkerung verschwand dieser Druck zeitweilig. Durch die Schweizer Einwanderung
und einen hohen Geburtenüberschuß erholte sich die Bevölkerung im späten
17. und frühen 18. Jahrhundert. In der Mitte des Jahrhunderts war sie wieder mit
Übervölkerung und Güterzersplitterung belastet. Dieser Bevölkerungsdruck war in
der Mitte des 18. Jahrhunderts nicht viel anders als im frühen 17. Jahrhundert. Das
Land, mit den üblichen Agrartechniken bearbeitet, konnte nur eine begrenzte Zahl
von Leuten gut ernähren. Im frühen 17. Jahrhundert und in der Mitte des 18. Jahrhunderts
näherte sich die Bevölkerungszahl diesem Punkt — oder zumindest glaubten
Leute das.
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