Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
106.1987
Seite: 122
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1987/0124
Eine „Einheit" bezeichnet eine relativ unabhängige Wirtschaft oder Tätigkeit, welche
eine oder mehrere Personen beschäftigt, um bestimmte Produkte (auch agrarische
) fertigzustellen oder Dienste anzubieten. Diese sozial-ökonomische Momentaufnahme
läßt erkennen, daß am Ende des 18. Jahrhunderts eine sehr hohe
Prozentzahl der Einwohner Hinterzartens nicht-agrarischen Beschäftigungen nachgingen
. Die Zahl der Angehörigen der agrarischen Einheiten war im Schnitt viel höher
als die der anderen (siehe den Fall von Kesslerhof), aber es ist trotzdem bedeutsam
, daß so viele in nicht-agrarischen Berufen tätig waren. Sie stellten eine relativ
flexiblere Wirtschaft und Gesellschaft dar, die den Hinterzartenern vielfältige Arbeitsmöglichkeiten
boten.

Die Viehzucht war der Haupterwerbszweig der agrarischen Seite der Wirtschaft.
Hafer, Sommerroggen und Gerste wurden angepflanzt, aber wenige Bauern hatten genug
für ihren eigenen Bedarf. Alle mußten Frucht kaufen und waren damit wahrscheinlich
von dem Markt in Freiburg abhängig. Der Kartoffelanbau begann in der
Mitte des 18. Jahrhunderts und brachte eine Verbesserung der Ernährungsweise, obwohl
die Kartoffel im frühen 19. Jahrhundert noch kein Hauptnahrungsmittel war.
Während des 18. Jahrhunderts war der Holzhandel in einer Rückgangsphase. Zahn
schrieb, daß „die meisten Waldungen ziemlich ausgehauen und die Holzpreise im
steigen sind." . . ,83 Die Abholzung des Urwalds schaffte mehr Raum für Weideflächen
und damit für die Viehzucht. Hinterzarten blieb nicht von den Unwetterjahren
unberührt, besonders 1709, 1713 und 1747,84 und 1794 erlebte man auch dort ein
schlimmes Teuerungsjahr.85 Als die Holzwirtschaft immer mehr abnahm, wurde sie
zumindest teilweise von der Kleinindustrie und dem Handel ersetzt. Die Verbesserung
und Sicherung der Straße durch das Höllental nach Freiburg ermöglichten eine
Zunahme des Uhr- und Glashandels, der (wie schon gezeigt) eine nicht unbedeutsame
Zahl von Personen am Ende des Untersuchungsraums beschäftigte und für Hinterzarten
einen „gewaltigen Wirtschaftsaufschwung" bedeutete.86

Die Leiden Hinterzartens während der Kriege dieser Zeit sind nicht mit denen der
Rheinebene zu vergleichen, aber es blieb doch nicht unberührt von diesen Ereignissen
. Im späten 17. und frühen 18. Jahrhundert fanden gelegentlich Fälle von Brandstiftungen
und Mord durch Soldaten statt. Von 1676 bis 1678, 1690/91 und 1744 kamen
viele Flüchtlinge nach Hinterzarten, besonders aus Freiburg. Es gab auch die gewöhnlichen
Einquartierungen und Durchzüge. Die Vorgänge wiederholten sich ab
1789, steigerten sich aber nicht so stark bis 1796. Auch danach betrafen die vielen
Plünderungen und Brandstiftungen eher die Gebiete um Hinterzarten und weniger die
Gemeinde selbst.87

Hinterzarten war also eine Gemeinde mit einer sehr stabil bleibenden Bevölkerungszahl
im 18. Jahrhundert, die nicht den wachsenden Druck auf die Gegend ausübte
, der so viele andere Gebiete in Südbaden und Deutschland bedrohte. Das Jahrzehnte
alte geschlossene Erbrecht spielte hier eine wichtige Rolle, da es die
landwirtschaftlichen Möglichkeiten von vielen Leuten begrenzte. Sie haben deshalb
spät geheiratet und nur wenige Kinder gehabt — am Ende des Untersuchungsraums
nicht mehr als am Anfang. Darüber hinaus war die politische Herrschaft relativ mild,
und die Einführung der Kleinindustrie und des Handels beschäftigte einen großen
Teil der Bevölkerung und sicherte eine flexiblere Wirtschaft. Zudem blieben die

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