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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
106.1987
Seite: 136
(PDF, 45 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1987/0138
Armen, welche die unterste Schicht der Gesellschaft bildeten. Nach der harten Kälte
im Winter 1749/50 herrschte großes Elend in St. Peter. Der Klosterarchivar, Gregor
Baumeister, schrieb, daß im Frühjahr um 600 Arme an der Klosterpforte gespeist
wurden und fast so viele Almosen von dem vom Kloster bewirtschafteten Schweighof
bekamen. Im Sommer 1756 kamen große Mengen armer Leute, und an einem Tag
gab das Kloster 700 Menschen Brot an der Pforte. Im Jahrzehnt 1762 bis 1771 verabreichte
das Kloster Tausende von Broten an Arme, wie die folgenden Zahlen zeigen:

Im April 1767 wurde bestimmt, daß die Almosen am Schweighof aufhören sollten,
aber zwei Brote pro Arme an der Klosterpforte auszuteilen seien. Im März 1770 entschied
das Kloster, den armen Klosteruntertanen Brot für eine Woche auszuteilen und
den auswärtigen Armen zweimal pro Woche Almosen zu geben. Im Frühling 1771
(das „Hungerjahr") kamen außerordentlich viel, wahrscheinlich mehr als die Zahl
vom 14. Oktober. Die Armen kamen zum Teil aus Schwaben und der Schweiz, aber
viele müssen Untertanen der Herrschaft gewesen sein.162

Es gab also viele soziale Schichten im 18. Jahrhundert in St. Peter und auch, trotz
der Klosterherrschaft und des Anerbenrechts, eine relativ starke soziale Mobilität.
Die Häuslebauern waren im großen und ganzen eine aufsteigende Klasse, aber der
Platz für sie und andere war an der unteren Stufe der Gesellschaft, und viele sanken
dorthin ab. Welche Rolle die Armen bei der Auswanderung spielten, ist interessant.
Während der Zeit der extremen Armut (1750 — 1771) wanderten mehr als die Hälfte
aller Fälle (56) aus St. Peter aus. Aber nur zwei von 105 (Fällen) in den Jahren 1750
und 1770 sind in Hackers Listen als „arm" beschrieben. Es gab bestimmt mehr, aber
die Mehrheit der Belege bezüglich der finanziellen Lage der Auswanderer aus Südbaden
und überhaupt aus Südwestdeutschland erlaubt den Schluß, daß die Auswanderer
in der Regel keine armen Bettler waren. Man brauchte Geld, um auszuwandern, um
die Reisekosten bezahlen zu können und weil die Zielländer oft keine Armen aufnehmen
wollten. (Diese zwei Punkte werden später näher behandelt.) Die Anwesenheit
von Hunderten von Armen in St. Peter hatte eher eine andere Wirkung auf die Auswanderung
. Wolfgang von Hippel beschrieb die Auswanderer aus Württemberg nach
Amerika im 19. Jahrhundert gewöhnlich nicht als die ärmsten der Armen, sondern
als diejenigen, die sich gegen ökonomische Verelendung und sozialen Abstieg durch
Auswanderung abzusichern suchten.163 Eine Tatsache, die wahrscheinlich überall in
Südwestdeutschland eine Rolle spielte, auch im 18. Jahrhundert. In St. Peter wurde
in dieser Zeit täglich der ganzen Gesellschaft, aber besonders den mobileren Schichten
(d. h. den Häuslebauern, Handwerkern, Glasarbeitern und anderen), ein tragisches
Bild ihrer möglichen Zukunft vorgestellt. Für viele Einwohner war die Möglichkeit
der Auswanderung eine viel reizvollere Alternative als das, was sie täglich
an der Klosterpforte sahen. Dies war nicht eigentümlich fiir St. Peter, besonders in

12. Oktober 1762
17. Oktober 1763
17. Oktober 1764
14. Oktober 1765
B.Oktober 1766

857 (Brote)
1.000 (fast)
1.100

880
1.005

B.Oktober 1767
10. Oktober 1768
9. Oktober 1769
8. Oktober 1770
14. Oktober 1771

1.115
1.000
1.100
1.340
1.670

136


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