Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
106.1987
Seite: 149
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schuldig, dem Landesherrn anzuzeigen, dass und warum er nicht mehr sein Unter-
than sein wolle. . . Dieser aber (der Landsherr) behält immer das Recht, unbesonnene
Unterthanen, die nicht nur sich, sondern ganze Familien anderwärts in Sclave-
rei stürzen wollen, zu warnen. . . Ein undankbarer heimlich hinwegziehender
Unterthan wird also billig als ein mutwilliger Deserteur angesehen.198 Der Markgraf
behielt also das Recht, Auswanderung zu versagen, denn die Exempel unglücklicher
Auswanderungen und Verordnungen ganzer teutscher Provinzen sind bekannt genug.
Schlettwein war gegen diese Haltung. Er meinte trotz seiner merkantilistischen Bevölkerungspolitik
-Ideen, daß ein Land doch kein Kerker sei und daß es auch viele
glückliche Auswanderer gäbe.199

Dem Reskript vom 23. Juli 1783 folgten andere, die die Auswanderung betrafen.
Seit einigen Jahren gab es ein Abkommen über wechselseitige Abzugsfreiheit zwischen
dem Kurfürsten der Pfalz und dem Markgrafen, das am 25. Juni in der Pfalz
und am 23. Juli 1785 in Baden Gesetz wurde. Danach durften alle Untertanen in der
Pfalz und in Baden zwischen den beiden Ländern wandern zu ewigen Tagen von aller
Nachsteuer oder Abzugs und sonst herkömmlichen sogenannten Landesfonds, oder
andern dergleichen Gebühren frei gelassen . . . Dies galt auch für das Vermögen und
in Baden für den Abzugspfundzoll und die Manumissionsgebühr.200 Am 10. Juli 1786
erteilte die Rentkammer den Oberämtern ein Generaldekret über die Berechnung und
Erhebung der Manumissions- und Abzugsgebühren für Leibeigene, die Leibfreie
werden und dann das Land verlassen wollten. Das Reskript vom 23. Juli 1783 hatte
diesen Fall nicht behandelt, da es die Manumissionsgebühr nicht aufgehoben hatte.
Mit diesem neuen Dekret durften diese Leute ganz aus dem Land ziehen, ohne Ma-
numission zu zahlen. Sie mußten jedoch zuerst 10 Jahre in dem leibfreien Ort bleiben
, bis sie ohne Gebühr aus dem Land ziehen durften.201

Die Auswanderungspolitik des Breisgaus (Vorderösterreich) war ebenfalls mit der
merkantilistischen Bevölkerungspolitik und der Frage der Leibeigenschaft eng verbunden
. Aber hier war die Situation anders als in Baden-Durlach: Die Hauptstadt
Vorderösterreichs — Wien — war auch der Regierungssitz der Hauptzielländer. Während
Karlsruhe immer gegen die Bevölkerungspolitik der Großmächte konkurrieren
mußte, konnte Wien seine Untertanen von Vorderösterreich nach Ungarn, Österreich,
Galizien oder anderen habsburgischen Regionen gleichsam versetzten, ohne Rücksicht
auf das Herkunftsgebiet. Es gab also in Vorderösterreich weniger auswande-
rungshemmende Faktoren in der Bevölkerungspolitik und Leibeigenschaft als in
Baden-Durlach.

Der größte Teil des Breisgaus war in Besitz von landsäßigen Familien des Niederadels
, Klöstern oder Ritterorden. 1756 ließ Wien die schon zuvor bestehende vorderösterreichische
Regierung in Freiburg erneuern. Sie mußte 1792 aus Kriegsgründen
nach Konstanz ziehen, und 1801 überließ Österreich den Breisgau dem Herzog von
Modena. Im Jahr 1806 wurde er ein Teil des neu errichteten Großherzogtums Baden.
Bis zur Regierungszeit Kaiser Josef II. versuchte Wien, die Auswanderung aus Vorderösterreich
relativ streng zu kontrollieren. Vor 1754 durften die Regierung dort
nicht ohne Rückfrage in Wien Auswanderungswillige entlassen. Wien bestimmte
1768, daß Personen entlassen werden durften, die weniger als 1000 fl Vermögen besaßen
und dem Staat nicht nützlich waren. Ferner durften die Oberämter Auswande-

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