Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
106.1987
Seite: 151
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IX.

Die Auswanderung war ein Aspekt der allgemeinen demographischen, sozialen, wirtschaftlichen
und politischen Entwicklung Südbadens im 18. Jahrhundert (ebenso wie
der Zielländer). Sie ist am besten in diesem Zusammenhang zu verstehen. Der
Schlüssel zum Verständnis liegt bei den Umständen der Mehrheit der Auswanderer,
nicht der außerordentlichen Fälle — d. h. bei denjenigen der Stufe-2- und
3-Gemeinden und denjenigen zwischen den Auswanderungswellen (ebenso wie die
Wellen selbst). Diese Leute wurden von einer Reihe von Unglücken betroffen, die in
der Auswanderungsliteratur vorkommen. Jedoch betrafen diese Umstände viele andere
Gebiete in Deutschland ebenfalls, wo keine oder geringe Auswanderung stattfand
. Südbaden erlebte sogar im allgemeinen eine sich immer mehr verbessernde
Agrarkonjunktur (im Gegensatz zu anderen Regionen) und durch den zunehmenden
Anbau von Weizen und Roggen einen verbesserten Lebensstandard. Das Klima verbessert
sich auch (trotz einiger sehr schlechter Jahre), denn die Zahl der Tage mit
Durchschnittstemperaturen unter dem Gefrierpunkt sank.

Die entscheidenen Faktoren, welche die Auswanderung verursachten, besonders
bezüglich der Auswanderungsziffer, waren der langfristige Bevölkerungsdruck in der
Rheinebene und in der Vorbergzone, wo das Realteilungserbrecht geübt wurde und
die Werbung der Zielländer. Klimatische und landwirtschaftliche Katastrophen sind
durchaus im 18. Jahrhundert zu finden, aber sie verursachten große Auswanderungswellen
nur ab Mitte des Jahrhunderts, als die Bevölkerungszahl des frühen
17. Jahrhunderts wieder erreicht wurde. Wegen einer stets wachsenden Geburtsziffer
und einer sinkenden Sterblichkeitsrate war die Landwirtschaft in den Realteilungsge-
bieten schon Anfang des 17. Jahrhunderts mit fortgeschrittener Bodenzersplitterung
belastet. Durch die Entvölkerung des Dreißigjährigen Krieges hörte dieser Druck auf
die Landschaft zeitweise auf, aber er begann in der Mitte des 18. Jahrunderts wieder.

Die Regierungen in Südbaden, ebenso wie die betroffenen Einwohner, versuchten
auf verschiedene Art und Weise, das Problem zu lösen. Karlsruhe versuchte, die Teilung
von Gütern unter bestimmten Mindestgrößen zu verbieten, aber mit wenig Erfolg
. Die Regierungen konnten auch Mindestheiratsaltersgesetze erlassen. Bei einer
späteren Heirat wurden nämlich weniger Kinder geboren. Am wichtigsten war die
Entwicklung der Kleinindustrie, welche die Regierungen förderten. Sie beschäftigte
viele Arbeitskräfte, ohne viel Land zu gebrauchen. Die Motive der Regierungen hat-
ten nicht unbedingt mit dem Uberbevölkerungsproblem zu tun, aber im Endeffekt
milderte diese Entwicklung das Problem. Ob es überhaupt Uberbevölkerung gab, war
in Karlsruhe umstritten, und mansche politische Maßnahmen der Regierung sollten
sogar eine Einwanderung fördern, z.B. von schweizerischen Unternehmern in das
Oberland. Die Einwohner Südbadens versuchten, das Problem selbständig zu lösen.
Als der Grundbesitz immer kleiner wurde, kämpften die Bauern um mehr Boden. Ein
zunehmender Gebrauch von Allmende und Brachfeldern fand statt, wie auch das
Ausmaß der Rodungen anstieg. Der Kleebau, der den erschöpften Boden fruchtbarer
machte, nahm zu. Viele Bauern machten auch Handwerkerarbeit (und umgekehrt),
um zusätzliches Geld zu verdienen. Noch eine Alternative waren Kommunhausun-
gen. Seit den 1750er Jahren vermehrte sich die Zahl dieser Haushalte in Hochberg,

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