Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
106.1987
Seite: 210
(PDF, 45 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1987/0212
Diese mit Zucker eingekochten Früchte werden in unserem Kochbuch ,Eingemachtes4
genannt; der Begriff,Marmelade' wird nur für die Fruchtmischungen verwendet,
die anschließend zu Eis weiterverarbeitet werden (s. bei Süßspeisen), da hierzu der
Zuckeranteil wesentlich höher war: zweieinhalb Pfund Zucker auf ein Pfund gekochtes
und durch ein Sieb gedrücktes Obst.

Nun soll zuerst auf die völlig andere Verwendung dieses Eingemachten hingewiesen
werden, das noch nicht als Brotaufstrich diente wie unsere Marmeladen und Konfitüren
. Dem standen nämlich einige Hindernisse entgegen, allen voran ein anderes
Mahlzeitensystem,91 das die bereits erwähnte ,Morgensuppe4 vorsah, die u. a. mit
Boll- oder Hafermehl gekocht und mit ,gesottener' Butter abgeschmälzt wurde. Sie
muß mit (gerösteten?) Brotschnitten angerichtet worden sein, da immer etwas Brot bei
den dazu verwendeten Lebensmitteln angegeben wird.92

Zweiter Hindernisgrund war das mit Anis, Kümmel, Fenchel, Koriander usw. gewürzte
Brot,93 zu dem ein süßer Aufstrich nicht gepaßt hätte.

Drittens wurde im süddeutschen Gebiet die Butter zum Teil zu Butterschmalz ausgelassen
,94 nicht zur Haltbarmachung gesalzen wie in Norddeutschland, und eignete
sich deshalb nicht als Brotaufstrich.

Die Folge davon war schließlich, daß die Vorstellung von Brot mit Belag fehlte; das
Brot gehörte zu den Hauptmahlzeiten wie heute noch bei den Franzosen die Baguette.
Daß man die obenerwähnten süßen und salzigen gebackenen ,Schnitten' als Vorläufer
der Brote mit Aufstrich oder Marmelade ansehen könnte, scheidet somit aus.

Die Zubereitung der eingekochten Früchte unterschied sich nicht von der heutigen
in bezug auf das Mengenverhältnis von Zucker und Obst: pro Pfund Früchte wurde
3/4 bis ein Pfund Zucker zugegeben. Die Zubereitungsart war jedoch anders, da man
sich vor allem bemühte, die Früchte nicht zu verkochen, sie ganz zu lassen. Deshalb
wurde der Zucker (evtl. mit etwas Wasser) vor Zugabe der Früchte zum Faden gekocht
„biß er spinnt" oder „biß er ganz dick ist". Dann erst wurden die Früchte zugegeben
, kurz aufgekocht und in Gläser gefüllt. Den Zuckersaft ließ man, wenn nötig,
noch etwas einkochen und schüttete ihn schließlich über die gekochten Quittenschnitze
, die Himbeeren, Erdbeeren usw.. Die Gläser wurden mit Papier zugebunden
und aufbewahrt, bis man sie im Winter zum Füllen der ,Torten' verwendete, denn zu
diesem Zweck waren sie eingemacht worden (s. bei Gebäck).

An besonderen Früchten wären die Mispeln und die Dirlitzen zu nennen, die noch
bis ins 20. Jh. in den Kochbüchern erwähnt werden. Die Früchte wurden mit „Khu-
fen" bzw. „Gufen", südwestdeutsch für Stecknadeln, mehrmals eingestochen und
kurz aufgekocht. Die eingemachten unreifen Feigen und Nüsse erinnern mich an die
auf der Insel Thassos, Griechenland, in Sirup eingelegten Feigen und Nüsse. Die
„halb gewachsene Nuß" (Bl. 94v) wurde tagelang in immer wieder gewechseltes kaltes
Wasser gelegt, dann gekocht und, mit vier bis fünf Nelken pro Nuß gespickt, in
ein Glas gefüllt. Die mehrere Male aufgekochte und wieder abgeschüttete Zuckerlösung
bedeckte schließlich die Nüsse wie ein zäher Sirup.

Diese eingemachten Feigen und Nüsse wurden nicht für Kuchen verwendet, sondern
konnten ebenso wie die „Hagenbutzen Ladwergen" (Latwerge = stark eingedicktes
Mus oder Saft) als „Confect" gegeben werden.

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