Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
106.1987
Seite: 233
(PDF, 45 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1987/0235
tätsbuchhändler Wagner erwartete als Gegenleistung für Beschaffung und Lagerhaltung
ein existenzsicherndes Lieferprivileg, d. h. vor allem den Schutz gegen auswärtige
Konkurrenten und Außenseiter.31 Trotz etwaiger ursprünglicher Versprechungen
konnte dies die Universität nicht verbriefen, da sie alte freundschaftliche Beziehungen
(auf Autoren gestützt) nicht aufgeben und bei preisverschiedenen Angeboten
Wagner nur zum Zug lassen wollte, wenn er günstiger oder zum selben Nachlaß liefern
konnte. Hinter diesen vordergründigen Argumenten dürften sich jedoch Umstände
verbergen, die naturgemäß keinen schriftlichen Niederschlag fanden. Wir
müssen uns daher im Umfeld nach Spuren umsehen.

In Vorderösterreich am Vorabend der Französischen Revolution

Die Tätigkeit eines Buchhändlers am Oberrhein vollzieht sich damals in einer Zeit
sich wandelnder Geschäftsusancen des Buchhandels und der Entstehung des modernen
Urheber- und Verlagsrechts in einem politischen Spannungsfeld, das durch
Bücherzensur (bei Verlagen) und Büchervertriebsverbote (bei Sortimentern) gekennzeichnet
ist.32 Die Richtlinien waren in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts von Staat
zu Staat recht verschieden, erst recht war die Handhabung völlig unterschiedlich. Ihre
Legitimation leiteten sie aus kirchlicher und staatlicher Autorität ab, ihre Durchsetzung
spiegelte die realen Machtverhältnisse.33 Gleichzeitig war angesichts der aufziehenden
Gewerbe- und politischen Freiheit der allmähliche Zerfallsprozeß des
überkommenen Zunft- und Privilegienwesens im Gang, der die Überwachung erschwerte
. Als Verleger hatte Anton Wagner mit der (Vor)Zensur, die von den Fakultäten
ausgeübt wurde,34 sicher keine Schwierigkeiten, der Verkauf verbotener Bücher
jedoch war für ihn ein heikles Problem, da er die literarisch und wissenschaftlich interessierten
Kunden befriedigen und sich seiner privilegierten Stellung gemäß, d. h.
den Zensurvorschriften entsprechend verhalten sollte.

In Vorderösterreich galten die strengen Wiener Verbotsbestimmungen, doch scheint
in theresianischer Zeit die Beobachtung der ambulanten Buchführer35 auf den
Märkten — oft ohne festes Domizil — vorgeherrscht zu haben, während man sich auf
die Selbstkontrolle der ortsansässigen Buchbinder, Buchdrucker und Buchhändler
verließ, deren Zunftzugehörigkeit bzw. akademisches Bürgerrecht im Übertretungsfalle
gefährdet waren. In vielen Ortschaften des Breisgaus (z. B. Emmendingen, Haslach
bei Freiburg) galt markgräflich-badisches Recht, im nahen Elsaß dominierte der
Einfluß Frankreichs, in der freien Reichsstadt Ulm gab es kaum Behinderungen.
Diese Zustände mußten zwangsläufig zur Entstehung illegaler Produktions- und Vertriebsnetze
führen, wie sie für Frankreich bekannt sind, wo schließlich fast alle
Werke der Aufklärer auf den Markt kommen konnten — aber nicht legal. In Paris
waren an die Stelle der von den Zensoren selbst erteilten Privilegien allmählich die
„stillschweigenden Zulassungen" (permissions tacites) getreten, die die zahlreichen
Untergrunddruckereien (imprimeries clandestines) nutzten, deren sich auch das Ausland
bediente. In Straßburg konnte man sogar die verbotenen Novitäten lieferbar per
Erscheinen abonnieren.36 Zahlreiche Sondergenehmigungen für bestimmte Persönlichkeiten
gab es in allen Zensurgebieten. Die Zustellung an die Letztabnehmer besorgten
Domestiquen und Lakaien, die Mitnahme von Einzelexemplaren war Privat-

233


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1987/0235