Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
106.1987
Seite: 258
(PDF, 45 MB)
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Selbstbedienung, begrenzte die Arbeitszeit durch Straffung des Arbeitsverlaufs und
zahlte stets angemessene Gehälter. Der Stil der Schaufenster entsprach dem Sachinteresse
der Käufer. Neue Ideen griff er sofort auf. Die neue Einteilung der Leipziger
Bibliographie bot Anlaß zu einer eigenen Lagerordnung, die Kontrolle und
Selbstbedienung förderten. Daß man zu den frühesten Postscheckteilnehmern zählte
(4 3 2), war selbstverständlich.

Bei Kriegsausbruch 1914 rückten die Mitarbeiter ein,125 darunter auch der Prokurist
Carl Sintermann. Frauen, meist ungelernt, traten an ihre Stelle. Richard Hellmann
, als Kriegsfreiwilliger im Osten schwer verwundet, kam 1915 wieder in den Betrieb
zurück, um Carl Zimmer zur Seite zu stehen. 1918 veröffentlichte er eine Arbeit
über die deutschen Feldzeitungen, die im Verlag der Firma erschien.126 Später
wurde er mit einer Versandbuchhandlung mit Antiquariat selbstständig, die er 1935
seiner jüdischen Abstammung wegen nach Luxemburg sodann, auf seine ausgezeichneten
Sprachkenntnisse gestützt, nach London verlegen konnte. — In den Notjahren
des Krieges und kurz danach erwiesen sich die alten Beziehungen ins Umland, die
auf die Zeit des Bürgermeisters zurückgingen, als wertvolle Stütze zur Aufbesserung
der Ernährung. Die Arbeitsüberlastung setzte gesundheitlich für Dauer zu, hinzu
kamen die Enttäuschungen. Dank eines sehr qualifizierten Kundenkreises war die
Firma immer gut informiert, das Ende überraschte nicht.127

Das ungewohnte Problem der Geldentwertung suchte Carl Zimmer dadurch zu
lösen, daß er die Lagerbestände kontinuierlich erhöhte, den Verkauf nur bei Auswüchsen
bremste und, selbst auf die Gefahr kleinerer Verluste, der schwierigen Situation
seiner wissenschaftlichen Kunden nach bestem Vermögen Rechnung trug. Die
überseeischen Ausländer, deren kursbegünstigte Kaufkraft durch das Festhalten am
Mark-Mark-Grundsatz die Warenläger zu plündern drohte, wurden immer häufigere
Besucher, bis der Buchhandel zu (immer noch niedrigen) Goldmark-Grundpreisen
und Schlüsselzahlen überging, die 1923 täglich bei dem neu gegründeten Einzelhandelsverband
aus Leipzig eintrafen. Anregungen für diese Verfahren auf Reichsebene
waren auch von Freiburg unter Beteiligung von Carl Zimmer ausgegangen, der jenem
Verband in Erinnerung an alte Wagnersche Traditionen alsbald beigetreten war.128
Der größte Privatkunde jener Jahre war der Freiburger Fabrikant Konrad Goldmann,
der als Mäzen der in Gründung befindlichen künftigen Universität Jerusalem Bücher
von bleibender Bedeutung kaufte. Als Ende 1923 der Spuk der Inflationszeit beendet
wurde, war an Vermögenswerten nur noch der gerettete Lagerbestand übig, meist auf
schlechtem Papier und unansehnlich gebunden, so daß noch erhebliche Wertminderungen
eintraten, sobald wieder gut ausgestattete Neuausgaben und Neuerscheinungen
vorlagen. Mit dem damit nötigen Neubeginn wurden alle alten Pläne auf unbestimmte
Zeit zurückgestellt. Daß die neuen Steuergesetze die Kostenkalkulation des
Buchhandels Jahrzehnte später erheblich beeinflussen könnten, erkannte man damals
allgemein noch nicht.129

Als Carl Sintermann 1924 ausschied, um eine eigene Existenz zu gründen, berief
Carl Zimmer 1925 den 26jährigen Paul Obermüller zum Prokuristen, der 1923 bereits
einige Monate seiner Wanderjahre im Hause tätig gewesen war, einen jener jungen
Buchhändler, die, frühzeitig an der Front gereift, sich nunmehr mit ganzer Persönlichkeit
der kulturellen und wirtschaftlichen Sphäre zuwandten. Er verfügte auf

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