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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
107.1988
Seite: 55
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1988/0057
am 7. August 1495, war zu Worms der Ewige Reichslandfriede verkündet worden, der
jedermann, „was Wirden, Stats oder Wesens der sey", das Befehden, Bekriegen, Berauben
, Überziehen, Belagern, Einnehmen, Gefangensetzen u. ä. für alle Zeiten verbot
.13 Selten dürfte ein gesetzgeberisches Anliegen besser illustriert worden sein als
durch den vorliegenden Fall der Ebringer Kirchweih.

Überhaupt läßt der Ebringer Handel die komplizierten Verhältnisse der oberrheinischen
Verfassungslandschaft mit ihren teilweise kleinen, jedoch mit Hochgerichtsbarkeit
ausgestatteten politischen Gebilden ans Licht treten. Da sowohl die Stadt Freiburg
als auch die Adelsherrschaft Ebringen breisgauische Landstände mit voller
Gerichtshoheit waren, reichte die herkömmliche Jurisdiktion zur Beilegung eines
Konflikts nicht aus, so daß der unter österreichischem Schirm stehende Landfriedensverband
in Aktion treten mußte. Der Freiburger Auszug stellte sich damit nicht
nur als Gebietsverletzung der Ebringer Herrschaft dar, sondern brachte der Stadt den
Vorwurf ein, daß sie „vorab der Königl. Maj. sin Landschaft geschmäht44 habe. Die
Angelegenheit geriet daher an den Landvogt zu Ensisheim, dessen Aufgabe es war,
„unsere Lande und Leute vor allem Gewalt und Unrechten (zu) hanthaben und scher-
men.4414 Die Gerichtsbarkeit der Landfriedensverbände war eigentlich eine Schiedsgerichtsbarkeit
, durch die aber autoritativ und mit Nachdruck der Ausgleich unter
den Parteien betrieben wurde. Auch im vorliegenden Fall kam es am 30. Oktober
1495 vor dem Landvogt zwischen den Parteien zu einem Vergleich, dessen erster
Punkt folgende Bestimmung enthält:

„Dem also ist des ersten der Personen halb, so under dem Handel tod geschlagen ist,
ob desselbigen Fründschaft über kurz oder lang komen und die Tätter, so an solchem
Todschlag schuld haben, erfüren, das sy dan dieselben Tetter an den Enden, do sich
das gebüret, rechtfertigen mögen und darum beschehen zu lassen, was Recht ist.4415

Bemerkenswert an diesem Text ist, daß bis dahin der oder die für den Totschlag
verantwortlichen Täter nicht haben ermittelt werden können, eine Sachlage, wie sie
für derartige Szenen geradezu typisch ist. Während der Verhandlungen hatten die
Ebringer stets bestritten, die Tötung überhaupt verursacht zu haben: „Melden och,
si haben den entlibten nit erschlagen, erpieten sich aber, daß wir (d. h. die Freiburger
) den thäter anzögind, wellind sie ihm lassen recht gon.4416 Mit dem Vergleich
vor dem Landvogt enden regelmäßig die Darstellungen der Ebringer Kirchweih. Ab
hier beginnt nun im Schrifttum erneut das Spiel mit den Möglichkeiten, die rasch
wieder als Gewißheit hingenommen werden. So glaubt z. B. Joseph L. Wohleb feststellen
zu können: „Wer am Kirchweihabend den unglücklichen Schlag getan hatte,
ließ sich nicht nachweisen. Gleichwohl errichtete in gemeinsamer Stiftung frommer
Sinn an dem Ort, wo das Unglück geschah, ein schlichtes Gedenkzeichen.4417

Hier muß zunächst eingeräumt werden, daß der Rechtsbrauch der Steinkreuzsetzung
im Sinne einer Sühnehandlung zur Zeit des Ebringer Totschlags durchaus verbreitet
war. Der ausschließliche Strafanspruch des Staates gelangte erst im Laufe des
16. Jahrhunderts voll zum Durchbruch. Bis dahin begnügte man sich gerne damit,
zwischen den Betroffenen eine Versöhnung, verbunden mit Sühneleistungen des
Täters an die Hinterbliebenen, zustande zu bringen.18 Gerade eine politisch zerklüftete
Landschaft, wie sie der Breisgau darbot, mochte solchen schiedlichen Lösungen
besonders förderlich sein. Man beachte, daß auch im vorliegenden Fall kein obrig-

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