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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
107.1988
Seite: 152
(PDF, 38 MB)
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Sie haben auch außerdem den Bürstenmachern durch den Abkauf ihrer gefertigten
Fabrikate bis heute eine zuverlässige Nahrungsquelle verschafft."40 Nach Kistler
verdiente ein Bürstenbinder zu Ende der 1850er Jahre täglich 40—48 kr., eine Frau
bei derselben Arbeit 24—28 kr.; mit Strohflechten war weit weniger zu verdienen:
6—24 kr. (1865 südl. Schwarzwald), abhängig von der Geschicklichkeit des einzelnen
. Die Uhrmacher aus der Gegend um Furtwangen verdienten je nach der Art der
Uhr 30—50 kr. (1857).

Die idealisierenden Ausführungen des Todtnauer Oberlehrers Rombach werden relativiert
durch die lange Arbeitszeit — 12 und mehr Stunden waren die Regel.

Preise: ein 2-pfündiges Schwarzbrot kostete 16—12 kr. — ein Bürstenmacher arbeitete
also einen halben Tag für ein Brot! —, ein Pfund Ochsenfleisch kostete 15—16
kr., ein Pfund Butter 22—25 kr., Eier 1—Vk kr., ein kleines Bier 2—Vh kr. Eine
Tuchhose 12 fl., ein Tuchrock 20 fl., ein Paar Stiefel 8—14 fl. [Der Gulden (fl.) rechnete
zu 60 Kreuzern (kr.)]41

Die Hungerszeit in Baden 1846 1854

Neben den Auswirkungen der 48/49er Revolution — Kriegskosten, Zerstörungen, militärische
Besetzung des Landes, Einquartierungen — führten Kartoffelmißernten in
fast jedem Jahr nach 1846 zu einer großen Hungersnot in ganz Baden. Besonders betroffen
waren die ländlichen Gebiete und die Schwarzwälder Hausindustriellen. Über
die Verhältnisse um Todtnau berichtete die „Freiburger Zeitung" vom 14. Juli 1852:
„Die Kartoffeln sind mißraten, die spärliche Ernte an Haber und Korn aufgezehrt.
Dazu gestattet der hohe Schnee den vielen auf Hausierhandel angewiesenen Bewohnern
Todtnaubergs nicht, diesem Gewerbe nachzugehen; . . . Bei einer Aufnahme der
vorhandenen Kartoffeln in Todtnauberg im Dezember 1851 ergab sich durchschnittlich
pro Familie Vli Sester. Deshalb fehlt nicht selten mancher Familie 2—3 Tage
lang aller Lebensunterhalt und die Gelegenheit, ihn zu erwerben, sowie der Gemeinde
die Mittel, einer immer weiter greifenden Not ohne Hilfe von außen zu
steuern."42

Am 6. April 1852: „In Stadel, Brendenberg, Fahl, Todtnauberg, Muggenbrunn,
Aftersteg, Wembach, Herrenschwand, Wiesen usw. haben viele nicht einmal mehr
den Samen für Getreide und Kartoffeln. Für Anschaffung der Saatkartoffeln hat die
Regierung gesorgt. Kühe und Ziegen sind meist schon geschlachtet worden. Oft wird
Kleie ohne Schmalz in Pfannen zu einem geschmacklosen Kuchen bereitet; Kinder
essen rohe Kartoffelabfalle mit Begierde; Stroh, Wagen und Handwerksgeschirr werden
häufig teils aus Noth, theils in der sicheren Hoffnung auf bevorstehende Auswanderung
verkauft, so daß die Familien von allem entblößt sind."43

Ja, die Not ging in Baden so weit, daß ärmere Gemeinden dazu übergingen, Kinder
zur Ernährung und Erziehung zu versteigern, die wegen Bettelei aufgegriffen worden
waren.

„Der Polizeidiener geht mit der Schelle durchs Dorf: Heute werden die und die
Kinder an den Wenigstnehmenden in Kost versteigert. Es wird zwar eingewendet, daß
zu diesen Vergebungen nur solche Bürger zugelassen werden, von denen man die
Überzeugung habe, daß sie zur Erziehung eines solch armen Kindes sich eignen und
da könne es nicht schaden, wenn unter diesen eine Konkurrenz stattfinde (...) Wie

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