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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
107.1988
Seite: 166
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noch an 43 Hausierer Wandergewerbescheine erteilt — 20 an Todtnauberger.115 Zwei
Jahre später waren es in Todtnauberg nur noch zehn. Und für den Zeitraum von
1918—1939 wird berichtet, seien etwa 10 Todtnauer noch auf den Hausierhandel gegangen
, jedoch nicht mehr wie früher fast das ganze Jahr über, sondern nur noch in
kürzeren Abständen im Jahre auf 10—14 Tage.116

Lebensweise der Hausierer

„Der Hausierer führt ein mäßiges, genügsames und wenn möglich auch regelmäßiges
Leben. Seine tägliche Nahrung ist morgens, nachdem er vielleicht schon ein paar
Stunden zurückgelegt hat, eine Mehl- oder Kartoffelsuppe mit Brot, mittags Suppe,
Gemüse und ein Stück Fleisch oder eine Mehlspeise, abends eine Wurst und Brot,
oft aber nur Eier, vielleicht auch nur ein Kaffee. (...) Zwar trinkt er schon mal ein
Bier oder einen Wein; im allgemeinen ist er im Genüsse geistiger Getränke mäßig.
Der „Todtnauer Durst" ist zwar sprichwörtlich, heißt aber auf deutsch — ein starker
Hunger.117 Zur Zeit der Blüte des Hausierhandels ging es, wenn die Händler und deren
Freunde an Weihnachten und Neujahr zusammenkamen, hin und wieder hoch
her, aber diese Zeiten sind jetzt vorüber." (...)

„Die Kleidung des Hausierers war früher solid und einfach. Über dem Hemd, zu
welchem seine Frau den Flachs selbst gepflanzt, zubereitet und gesponnen hatte, trug
er einen Anzug — Hose, Weste, Joppe — von grobem, starkem, dunkelfarbenen Leinenstoff
, nach Schnitt und Mode der andern Bewohner des hintern Wiesenthals."
(...)

„Auf den Sonntag kehrt er, wenn er nicht zu weit entfernt ist, in sein Standquartier
zurück. Dort besucht der den Gottesdienst, besieht seinen Vorrat, rüstet seine neue
Traglast, vergleicht seine Einnahmen und Ausgaben, schreibt Briefe an die Seinigen,
schickt Geld nach Hause, bestellt Waren, besucht seine Kameraden und Landsleute,
abends geht er wohl auch in eine Wirtschaft, mischt sich unter die Gäste, bildet aber
gewöhnlich den schweigsamen Zuhörer und kehrt bald nach Hause, um am andern
Morgen früh bei der Hand zu sein." 118

Seßhaftwerden einiger Hausierer in Baden,
in der Schweiz und im Elsaß

Seit etwa 1860 begannen einzelne der Todtnauer Hausierer ihre Standquartiere, die
bislang nur als Zwischenlager gedient hatten, zu festen Wohnsitzen auszubauen, wohin
sie dann ihre Familien nachholten. Solche Niederlassungen gab es u. a. in allen
größeren badischen Städten, in Colmar, Basel, Mühlhausen, Bern, Schaffhausen,
Glarus, Aarau und Genf.119 Sie hatten während der Blütezeit der Hausierer genügend
Geld verdient, um eigene Geschäfte aufzumachen. Die Bürsten bezogen sie teilweise
noch aus Todtnau und Umgebung, zum Teil fertigten sie sie aber auch selbst. Neben
Bürsten verkauften sie Korbwaren, Holz-, Glas-, Porzellan- und Kleineisenwaren.

Die Todtnauberger rückten demnach zum Teil in den bürgerlichen Mittelstand der
Städte auf und sind nicht wie die Bewohner vieler anderer Schwarzwalddörfer als Fabrikarbeiter
in die Industriestädte gekommen.

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