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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
107.1988
Seite: 202
(PDF, 38 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1988/0204
rungsmaßnahmen fort: Baudarlehen (für eine Wohnung 2.000 RM, bei Kinderreichen
3.000 RM), Instandsetzungsdarlehen (bis 1.000 RM), verlorene Zuschüsse zur Verbesserung
der Wohnungsverhältnisse kinderreicher Bauherren („kinderreich ist eine
Familie, die vier und mehr im Haushalt lebende, minderjährige erbgesunde Kinder
hat").

Zu den „mit Rücksicht auf die eingetretenen Verhältnisse zurückgestellten Projekten
" (Bericht vom Gemeinderat 19. November 1939) gehörte der weitere Ausbau des
Wasserleitungsnetzes, damit verbunden „das Walzen und Teeren der Dorfstraßen".
Eisen war streng bewirtschaftet; man sah ein, daß „unsere Soldaten" dringender Kanonen
als die Teninger fließend Wasser brauchten. Bürgermeister Heß versichert, da
„jetzt mit dem baldigen Kriegsende zu rechnen" sei, wolle er den Antrag auf Zuteilung
der Leitungsrohre wiederholen (15. August 1940). Es gehört zu den Ungereimtheiten
der ersten Kriegsjahre (zahllose Beispiele auf der Ebene des Reiches ließen
sich ergänzend anführen), daß gleichzeitig die Gasversorgung zügig ausgebaut
wurde, obwohl Gasrohre ebenfalls aus Eisen waren. Am 31. Oktober 1940 heißt es,
mittlerweile seien die Hausanschlüsse in mehreren Straßen fertiggestellt, so daß man
den Morgenkaffee „zur Entlastung der Hausfrau" jetzt auf Gas kochen könne.

Aufgeschoben wurden, z. T. bis weit in die Nachkriegszeit, drei Großprojekte:15
Turn- und Festhalle, Kindergarten und Kinderkrippe, HJ-Heim. Die Festhalle soll
2.500 Sitzplätze umfassen, bei gut 2.500 Einwohnern!

Die detaillierte Vorstellung von Gemeinschaftsbauten war geeignet, Sorgen der Gegenwart
— z.B. um Leben und Gesundheit des zur Wehrmacht eingezogenen Ehemannes
— zu verdrängen, das Ziel der klassenübergreifenden Volksgemeinschaft zu
verwirklichen und Gegner des Nationalsozialismus mit dem Regime zu versöhnen;
immerhin galt Teningen bis 1933 als „rote Hochburg". Festhalle und Kindergarten
entsprachen berechtigten Wünschen, mußte man bei Gemeindeversammlungen und
-festen doch immer noch in das Kasino des Tscheulin-Werkes ausweichen. Die Vorhaben
zeigen ferner das wache Interesse an der Jugend, die, sofern sie arisch-germanisch
und 'erbgesund' war, von Kindheit an medizinisch betreut, früh in Jungvolk und
HJ, später beim RAD für den nationalsozialistischen Staat gewonnen werden und
einst das Großgermanische Reich deutscher Nation tragen sollte.

Und hatten das Regime und Teningen nicht Erfolge vorzuweisen? Von der Senkung
der Arbeitslosigkeit war schon die Rede. Durfte ein lebensbejahendes, jugendliches
Volk nicht 'Lebensraum' fordern? Anfang 1940 bringt der Bürgermeister eindrucksvolle
Zahlen: 1937 wurden in Teningen 37, 1938 schon 68, 1939 schließlich 84 Geburten
registriert; gleichzeitig stieg die Zahl der Lebendgeborenen im Deutschen Reich,
wenn auch „nur" von 1,277 über 1,348 auf 1,413 Millionen an.16

Von wachsendem Wohlstands zeugt eine weitere Zahl: Am 31. Dezember 1939 betrug
der gesamte Versicherungswert der „hiesigen Gebäude" 6.421.200 RM17, zu einer
Zeit, da man für weniger als 10.000 Mark schon ein Haus kaufen konnte. Die
Summe hätte nachdenklich stimmen können: Anders, als Propagandisten des Regimes
verkündeten, hatten die Teninger in diesem Krieg viel zu verlieren: Leben, Gesundheit
und hohe materielle Werte.

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