Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
107.1988
Seite: 208
(PDF, 38 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1988/0210
ster stolz auf die Rolle, die Teningen in der „Kampfzeit"26 der Bewegung — Partei
wollten die Nationalsozialisten nicht sein — gespielt hatte. Mit der Einladung zur
„Kundgebung aus Anlaß des Geburtstages des Führers" auf den Rathausplatz erinnert
der Bürgermeister am 30. April 1940 an den 1. Mai 1933. An jenem denkwürdigen
Tag — die Nationalsozialisten hatten gerade den 1. Mai zum gesetzlichen Feiertag erhoben
und damit eine alte Forderung der Arbeiterbewegung erfüllt — zog ein „etwa
8 km" langer Zug mit den „Hoheitsträgern" der Partei, mit dem Landrat und den
Bürgermeistern aller Gemeinden des Bezirks von Emmendingen nach Teningen: „die
größte Veranstaltung, die Teningen je gesehen hat und wahrscheinlich auch sehen
wird. Sowas gibt es nur einmal." Heß blickt einmal mehr zurück: „In der Kampfzeit
war Teningen die Hochburg des Nationalsozialismus". Der folgende Satz, den der
Bürgermeister warnend in Klammern beifügt, klingt heute seltsam doppelbödig:
„Auch dies darf wieder einmal öffentlich gesagt werden, für die, welche es so schnell
vergessen." In Teningen gab es offensichtlich immer noch — zumindest vom Bürgermeister
ernstgenommene — Zeitgenossen, die der „Bewegung" skeptisch, wenn
nicht ablehnend gegenüberstanden.

Bücherverbrennung und Propaganda durch das geschriebene Wort ergänzten seit
der „Machtergreifung" 1933 einander. Auch in Teningen baute man als „Ausdruck
des neuen Kulturwillens unseres Volkes" eine „Volksbücherei" auf (Gb. 30. März
1940). Im „Kampf der Weltanschauungen" sollten die „derzeit" 200 Bände „Rüstzeug
und Waffe zugleich" sein. Der Bürgermeister fahrt fort: „Alle Volksgenossen,
ob Jugendlicher oder Erwachsener, Mann oder Frau, Handarbeiter oder Kopfarbeiter
" sollen teilhaben an dem, was hier als „deutsches Schriftgut" zur Verfügung gestellt
werde. Erwünschte Bücher künden „von dem Ringen und Kämpfen aller Zeiten
um Einheit, Kraft, Freiheit und Ehre". Ausleihetag war jeweils Montag von 20—22
Uhr im Schulhaus, „Eingang auf der Seite des Flaggenmastes".27

Heldengedenktag

In grandiosen Veranstaltungen, deren Faszination sich oft nicht einmal kritische ausländische
Beobachter entziehen konnten, wurde die Geschlossenheit der Bewegung
bekundet. Den Massenaufmärschen auf den Nürnberger Parteitagen entsprachen auf
lokaler Ebene kleine Feiern, deren Bedeutung man schon deshalb nicht unterschätzen
darf, weil sie Gelegenheit gaben, im wahrsten Sinne des Wortes Flagge zu zeigen,
sich zu dem neuen Staat, seinen Zielen, Idealen und Führern zu bekennen — allen
sichtbar, auch wenn das bedeutete, stundenlang bei Hitze oder Regen zu marschieren
bzw. die Straße zu säumen, die Hand zum „deutschen Gruß" erhoben. Bei solchen
Veranstaltungen sollten Anhänger und Mitläufer zeigen, ob wirklich der „ganze
Mensch" hinter Treuebekundungen stand, die in Dorf, Stadt und Land in nicht abreißender
Folge gefordert waren.

Von Anfang an gehörte der Kult der Toten, besonders der „Märtyrer" aus den Reihen
der „Bewegung" (Horst Wessel u. a.) zur NS-Weltanschauung. Am Beispiel des
„Heldengedenktags" läßt sich zeigen, wie christlich-humane Vorstellungen von den
Nationalsozialisten pervertiert wurden. Auf Veranlassung des 'Volksbundes deutsche
Kriegsgräberfürsorge' hatte man seit 1923 den 5. Sonntag vor Ostern, dessen Ein-

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