Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
107.1988
Seite: 218
(PDF, 38 MB)
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offenbar war es zu Unzuträglichkeiten gekommen. Jedenfalls zitiert der Bürgermeister
aus dem Reichsleistungsgesetz, das ihn ermächtige und ggf. verpflichte, Leistungen
zu erzwingen. Danach richtete sich die zumutbare Höhe der Einquartierung nach
der Zahl der Wohnräume. Die „Normalunterkunftslast" betrug bei drei Wohnräumen
1, bei vier Räumen 2, bei fünf Räumen 3 Wehrmachtsangehörige; bei zwei vorhandenen
Wohnräumen mußten notfalls aber auch drei Personen in dem einen Raum zusammenrücken
und den anderen freimachen.

'Rückführung' der Königschaffhausener

Waren anfangs nur Orte in unmittelbarer Grenznähe geräumt worden, so nach der Beschießung
durch feindliche Artillerie auch weiter entfernte Dörfer. Am 31. Mai 1940
begrüßt der Bürgermeister die „Rückgeführten der Gemeinde Königschaffhausen"
und verspricht „ein verständnisvolles Zusammenwirken".42

Am späten Nachmittag des 27. Mai hatte die Nachbargemeinde — vom Rhein etwa
fünf und von Teningen etwa zwölf Kilometer entfernt — mitten in der üblichen Tagesarbeit
den Räumungsbefehl erhalten. Ab Mitternacht trafen die „Rückgeführten" in
Teningen ein: „Zuerst Frauen mit teils sehr kleinen aus dem Schlafe gerissenen Kindern
, alte ergraute und gebrechliche Frauen und Männer, denen das Schicksal auf
Stirn und Wangen den schweren Daseinskampf aufgestempelt hat".43 Der Bürgermeister
stellt „zur Ehre der Zurückgeführten" fest, sie hätten den Räumungsbefehl
„mannhaft und gefaßt" aufgenommen. Bei Tagesgrauen kamen die ersten Gespanne
mit den wenigen Habseligkeiten. „An den Straßenrändern und -gräben von Riegel her
lagen Kühe und Rinder, die des Laufens ungewohnt den weiten Marsch nicht mehr
mitmachen konnten." Waren die Eigentümer nicht gleich auszumachen, stellte sich
der weibliche Arbeitsdienst zum Melken zur Verfügung. Da noch andere Gemeinden
geräumt wurden, waren die Dorfstraßen zeitweise verstopft: Wagen und Viehherden,
dazwischen Militärkolonnen.

Die Teninger waren mit der Ortsschelle benachrichtigt worden. „Das Rathaus glich
einem großen Hauptquartier, alle Organisationen der Partei, vom HJ-Jungen und
BDM-Mädel bis zum Ortsgruppenleiter, das Rote Kreuz, der weibliche Arbeitsdienst
, die hiesigen Truppenteile, die gesamte Gemeindeverwaltung, alles war zur
Stelle, so daß die Unterbringung in tiefster Nacht sehr schnell vor sich ging." Schwieriger
war es, Plätze und Futter zu finden für Pferde, Ochsen, Kühe, Rinder, Kälber,
Schweine, Ziegen, Hühner . . . Ställe und Scheunen, Schöpfe und Höfe, Grasgärten
und die beiden Dreschmaschinenschuppen, alles war „gestopft voll".

Einfacher war die Unterbringung der Menschen. Die Wehrmachtsangehörigen
machten Platz und zogen in Massenquartiere (Zelte?) um. Mitte Juni beherbergten
die 2.600 Teninger 750 „Zurückgeführte" mit 550 Stück Vieh und etwa 6.000 Soldaten
mit 1.500 Pferden. Der Bürgermeister dankt den Teningern für ihre „beispiellose
Hilfs- und Aufnahmebereitschaft"; rückblickend meint er, zwischen der Teninger Bevölkerung
und den „Zurückgeführten" habe sich in den vier Wochen trotz Enge und
Bedrängtheit ein „herzliches Verhältnis" entwickelt.

Die „Rückgeführten" hatten sich und ihr Vieh am Samstag, 1. Juni, auf dem Rathaus
anzumelden. Genaue Angaben, auch zum Stellplatz des Viehs, waren erforder-

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