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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
107.1988
Seite: 231
(PDF, 38 MB)
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Stück von mir" bestätigt hat. „Es war ein Hexensabbat des Pöbels und ein Begräbnis
aller menschlichen Würde"

Im Zusammenhang mit der Reichskristallnacht wurden in Wien 42 jüdische Bethäuser
, zumeist restlos, zerstört, außerdem wurden in Wien insgesamt 7800 Juden
festgenommen, unter ihnen 1226, die knapp vor ihrer Auswanderung standen. Über
4000 Geschäfte wurden enteignet, zahlreiche Wohnungen zwangsgeräumt. 680 Juden
begingen Selbstmord, ein Prozentsatz, der weit über dem des sogenannten Altreichs
liegt.

Die Träger der Wiener Aktionen waren neben der Polizei die Ortsgruppenleiter der
NSDAP. In vielen Fällen wurde in Wohnungen und Geschäften sinnlos zerstört und
geplündert.9

Die Berichterstattung über die Vorgänge in der Reichskristallnacht war in den deutschen
Zeitungen total gelenkt. Die Schlagzeilen der Freiburger Zeitungen lauteten am
10. November „Das deutsche Volk in Notwehr" und „Abwehrreaktionen gegen jüdisches
Verbrechertum". Im Text wurde gesagt, im ganzen Reich sei es nach dem Tode
vom Raths zu spontanen, judenfeindlichen Kundgebungen und vielfach starken antijüdischen
Aktionen gekommen. „Die allgemeine Empörung über das ruchlose Verbrechen
des Juden Grünspan in Paris machte sich da und dort in Zusammenrottungen
Luft. Eine große Zahl von Juden mußte zu ihrer eigenen Sicherheit in Schutzhaft genommen
werden. In einigen badischen Städten sind die Synagogen demoliert worden
", hieß es — dagegen verlautete nichts Ausführliches über den Synagogenbrand
in Freiburg.

Am folgenden Morgen, dem 11. November, wurde ein Aufruf des Reichspropagandaministers
Dr. Goebbels veröffentlicht: „Die berechtigte und verständliche Empörung
des deutschen Volkes ... hat sich in der vergangenen Nacht im umfangreichen
Maße Luft verschafft. In zahlreichen Städten und Orten des Reiches wurden Vergeltungsaktionen
gegen jüdische Gebäude und Geschäfte vorgenommen. Es ergeht nunmehr
an die gesamte Bevölkerung die strenge Aufforderung, von allen weiteren Demonstrationen
gegen das Judentum, gleichgültig welcher Art, sofort abzusehen. Die
endgültige Antwort ... wird auf dem Wege der Gesetzgebung bzw. der Verordnung
dem Judentum erteilt werden". In einem Bericht aus Berlin wurde hinzugefügt, die
Demonstrationen und Aktionen gegen die Juden in Deutschland seien spontan erfolgt
und nicht etwa organisiert gewesen.

Der Reichsführer-SS und Chef der deutschen Polizei, Himmler, erließ ein Verbot
des Waffenbesitzes für Juden mit dem Zusatz: „Zuwiderhandelnde werden in Konzentrationslager
übergeführt und auf die Dauer von 20 Jahren in Schutzhaft genommen
".

Einige Tage nach den Pogromen fand unter der Leitung von Göring in seiner Eigenschaft
als Wirtschaftsdiktator eine Sitzung im Reichsluftfahrtministerium statt. Unter
anderem wurde beschlossen, eine Verordnung „zur Wiederherstellung des Straßenbildes
" zu erlassen, wonach die Juden auf ihre Kosten die sofortige Reparatur aller
Schäden veranlassen mußten. Der Vertreter der Versicherungen mahnte in der Sitzung
, im Interesse der Glaubwürdigkeit im internationalen Bereich müßten die Versicherungen
für die Schäden aufkommen, was Göring zu der Entscheidung veranlaßte,
die Leistungen der Versicherungsgesellschaften nicht an die geschädigten Juden, son-

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