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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
107.1988
Seite: 243
(PDF, 38 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1988/0245
kannte. Lenk fragte K., wer den Schlüssel zur Synagoge habe und forderte ihn auf,
ein Brecheisen aus seinem Wagen zu holen. Als K. zögerte, wurde er von Lenk und
einem von dessen Begleitern sehr energisch auf seine Pflicht als Deutscher hingewiesen
und zur Mitwirkung aufgefordert. Daraufhin brach K. die Umzäunung und die
Türe der Synagoge auf, ein später als Soldat in Rußland gefallener SS-Mann beschaffte
einen Benzinkanister, und die Synagoge wurde angesteckt. Der diensttuende
Breisacher Polizeibeamte erhielt von der Gestapo telefonisch die Weisung, seine
Wohnung nicht zu verlassen. Die Feuerwehr begnügte sich damit, die umliegenden
Häuser vor Funkenflug zu schützen. Eine Anzahl jüdischer Bürger wurde zusammengetrieben
, einzelne von ihnen wurden mißhandelt. Eine Breisacherin meldete sich bei
Lenk und beschwerte sich, daß ihre Stallhasen, die an der Synagogenmauer untergebracht
waren, bei einem Brand gefährdet seien. Daraufhin gab Lenk dieser Frau
einige Männer mit, die die Hasenställe von der Mauer entfernten.

Lenk und K. fuhren anschließend nach Eichstetten. Die dortige Synagoge war bereits
aufgebrochen worden, eine Menge Menschen befanden sich vor und im Innern
der Synagoge. Die Inneneinrichtung war zerschlagen worden und auf einen Haufen
zusammengeworfen. Dieser Holzstoß wurde mit Benzin Übergossen. K. sagte später
aus, neben ihm in der Synagoge habe ein Gendarm in Uniform gestanden, und dieser
habe ihn gefragt, ob er ein Streichholz in der Tasche habe. „Ich erwiderte, ich sei
Nichtraucher und hätte keine Streichhölzer. Als ich ihn fragte, warum er es nicht anzünden
wolle, sagte er, es sähe für einen Schutzmann dumm aus. Als ich dann einwandte
, dann stünde ich als Brandstifter da, erwiderte er, es würde mir nichts passieren
, da er ja als Gendarm danebenstehe. Darauf gab ich nach und zündete mit dem
Streichholz an".

Der SS-Hauptsturmführer B. war mit dem Auftrag nach Eichstetten geschickt worden
, die jüdischen Bürger zusammenzutreiben. Er tat nicht nur dies, sondern ließ sie
aus dem Ort herausmarschieren und in einem Hohlweg zweimal eine steile Böschung
erklimmen; dann führte er sie in das Dorf zurück.

Die Brandstifter der Synagoge in Ihringen wurden nie ermittelt. Noch vorhandene
Zeugen waren in ihren Aussagen sehr zurückhaltend. Es konnte lediglich festgestellt
werden, daß ein Lehrer an die vor der Synagoge zusammengetriebenen Juden eine
Rede gehalten hatte, in der er die Aktionen rechtfertigte.

Ende März 1949 wurden die Brandstiftungen vor dem Schwurgericht in Freiburg
verhandelt. Acht Personen waren angeklagt, in der Mehrzahl nach dem von den Alliierten
erlassenen Kontrollratsgesetz Nr. 10 — Verbrechen gegen die Menschlichkeit
—, das mit rückwirkender Kraft erlassen worden war. 38 Zeugen wurden gehört und
besonders ermahnt, sich nicht durch private Streitigkeiten oder Feindschaften in der
Gemeinde bei ihrer Aussage beeinflussen zu lassen. Der Hauptangeklagte K., der an
den Brandstiftungen in Breisach und Eichstetten beteiligt gewesen war, legte ein volles
Geständnis ab. Ihm wurde zugutegehalten, daß er auf Befehl gehandelt und nur
mehr oder weniger geholfen habe. Er war nie Mitglied der NSDAP oder einer ihrer
Organisationen gewesen. In seinem Schlußwort sagte er, daß der Gendarm, der ihm
das Streichholz gegeben habe, genau so bestraft werden müsse wie er selbst, aber dieser
Gendarm war nie ermittelt worden. K. erhielt 1 Jahr Gefängnis, 3 Monate der
erlittenen Untersuchungshaft wurden ihm angerechnet. Er befand sich 1949 wie die

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