Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
107.1988
Seite: 264
(PDF, 38 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1988/0266
rufsausübung, der Rahmenbedingungen und der Vorurteile über die Händler. Das Buch dürfte
wichtige Anregungen zur Erforschung des Lebens von Landjuden im 19. und 20. Jahrhundert
geben, zumal Kaufmann mehrfach die Verbindungen Schweizer Händler etwa nach Südwestdeutschland
, in den Bodensee räum, in den Schwarzwald und in das Oberrheingebiet aufzeigt:
Zuchtvieh — das Simmentaler Fleckvieh — wurde ausgeführt, Mast- und Schlachtvieh importiert
. Diese Einfuhr stieg — nachdem jüdische Viehhändler auf dem Land seit dem 16. Jahrhundert
nachweisbar waren — im 19. Jahrhundert an, als die Blüte der Heimindustrie die Bevölkerungszahl
und damit den Fleischbedarf hochschnellen ließ, während die Viehzucht
aufgrund der vordringenden Milchwirtschaft zurückging. Mit der Industrialisierung veränderten
sich diese Bedingungen erneut, entsprechend wandelte sich das Berufsbild vom Viehhausierer
zum Viehunternehmer. Die jüdischen Händler blieben offenbar durchgängig in der Minderheit
gegenüber den christlichen, erzielten aber im Durchschnitt höhere Umsätze. Große
Vermögen waren allerdings auch hier die Ausnahme.

Im Unterschied zur Ankündigung im Titel werden die christlichen Viehhändler nicht gleichgewichtig
behandelt, sondern hautpsächlich zum Vergleich herangezogen. Im Mittelpunkt stehen
die Juden. Wir erfahren hochinteressante Einzelheiten über den Ablauf ihrer Handelsgeschäfte
, über ihren Aktionsradius und den Kundenstamm, über einzelne Familienunternehmen
und verwandtschaftliche Beziehungen sowie ihre besondere Sprache, eine Form des Jiddischen
. Weiterhin berichtet Kaufmann ausführlich über obrigkeitliche Regelungen und die Umstände
, daß auch in der Schweiz die Emanzipation der Juden erst in den sechziger Jahren des
19. Jahrhunderts — vor allem gegen den Widerstand katholischer Kreise — durchgesetzt
wurde. Eindrucksvoll ist seine Zusammenstellung der verbreiteten Vorurteile über jüdische
Viehhändler, in die man überlieferte Klischees hineinprojizierte, obwohl sich ihr Verhalten
keineswegs negativ von jenem der Christen abhob.

Kaufmann versteht sein Buch als Beitrag zur Aufhellung der historischen Wirklichkeit, die
die Klischees über jüdischen Viehhandel widerlegt. Offene Fragen, die seine Untersuchung
aufwirft, nennt er selbst an vielen Stellen und übermittelt der weiteren Forschung damit wesentliche
Anstöße. In manchen Fällen reichen die Quellen nur dazu aus, Tatsachen festzustellen
, ohne sie in ihren Zusammenhängen analysieren zu können. Zu hoffen ist, daß sich gerade
in der Schweiz noch Quellen finden lassen, die als Grundlage für zukünftige Studien, aufbauend
auf Kaufmanns Ergebnissen, Näheres über das persönliche Leben der Landjuden aussagen
können. Heiko Haumann

Michael Lacher, Regionalentwicklung und Kapitalbewegung. Zur Herausbildung von großräumigen
Verdichtungsgebieten zwischen 1800 und 1914 in Deutschland (Urbs et Regio. Kasseler
Schriften zur Geographie und Planung, Bd. 41), Gesamthochschulbibliothek, Kassel
1986. 383 S., brosch.

Lachers Dissertation, obschon nicht ausdrücklich auf Baden bezogen, ist auch für die Erforschung
unserer Gegend interessant. Er geht zu Recht davon aus, daß es nicht die Industrialisierung
in Deutschland gegeben habe, sondern erhebliche regionale Unterschiede. Deshalb untersucht
er die wirtschaftliche Entwicklung im Hinblick auf räumliche Verdichtung oder
Ausdünnung. Anhand von Fallbeispielen aus Sachsen, Berlin, dem Bergischen Land und dem
Ruhrgebiet arbeitet er verschiedene Typen regionaler Verdichtung nach dem Gewicht industrieller
Sektoren, nach der Verteilung auf Stadt und Land und nach der Art der Wachstumsverläufe
heraus.

Lachers Überlegungen sind gewiß zu differenzieren, zumal er selbst feststellt, daß die ländlichen
, industriell kaum oder nur punktuell entwickelten Räume noch zu wenig erforscht sind.
Trotzdem können seine Ergebnisse und Typisierungen wertvolle Anregungen und Orientierungshilfen
für Arbeiten zu einzelnen Regionen Badens liefern. Heiko Haumann

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