Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
108.1989
Seite: 200
(PDF, 38 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1989/0202
Gesetzgebungsrecht sowie die in der Verfassung garantierten Grundrechte in unzumutbarer
Weise eingeschränkt. Der grauen Eminenz des Großherzogs Fr. v. Roggenbach
gelang es, mit hinreißendem politischen Geschick den Großherzog umzustimmen
. Am 2. April 1860 wurde daraufhin der Kammer ein neues Kabinett vorgestellt,
an dessen Spitze A. Lamey stand: „Aus der Kammermajorität heraus in den Ministersitz
gehoben, aus den Reihen der Opposition hinweg an das Steuer gestellt, der erste
Fall dieser Art, den man in Deutschland erlebt hatte", schreibt der Lörracher Arzt
E. Kaiser.12 Die Kirchengesetzgebung des neuen Kabinetts sah eine völlige Freiheit
der Kirche bei der Verwaltung ihrer inneren Angelegenheiten vor, jedoch die Unterordnung
unter den Staat und die staatlichen Gesetze in allen äußeren Rechtsverhältnissen
. 13

Kurz zu erwähnen ist ein zweites Gesetzgebungswerk, das ebenfalls im wesentlichen
auf Lamey zurückgeht, und das innerlich mit den neuen Kirchengesetzen in Zusammenhang
stand: Es ist die rechtliche Gleichstellung der Juden mit den übrigen
Staatsbürgern. Ich gehe hier näher darauf ein, weil sie auch für Kußmauls geistige
Haltung wichtig ist, der 1882 eine Gedenkrede auf den jüdischen Arzt B. Stilling hält.
Bereits 1848/49 hatten die Juden die volle staatsbürgerliche Gleichberechtigung erhalten
. Sie konnten sich jedoch in Städten wie beispielsweise Freiburg nicht niederlassen
, da sie nirgends das volle Gemeindebürgerrecht bekamen. Lamey kannte die Vorurteile
vieler Bürger und auch der Mehrheit der liberalen Kammer. Er hielt ihnen vor,
daß ihre Argumente mit niedrigen materiellen Motiven verknüpft seien: „Der Freiburger
, der Konstanzer z. B. glaubt, daß, sobald die Emanzipation eintritt, die Stadt
Freiburg — Konstanz, seither judenfrei, mit Juden überschwemmt wird, und so insbesondere
im Handelsstand für die Christen eine Konkurrenz erwachse, welche sie
bei der Regsamkeit und Genügsamkeit jüdischer Handelsleute nicht zu bestehen vermöchten
." In Ubereinstimmung mit dem Großherzog und unter Aufbietung seiner
ganzen Autorität gelang es ihm schließlich 1862, ein Gesetz durch die Kammer zu
bringen, das den Juden die vollkommene rechtliche Gleichstellung mit den übrigen
Staatsbürgern auch in den Gemeinden garantierte.14 Die badischen Juden feierten
Lamey daraufhin als ihren Befreier, dessen Bild lange Zeit in vielen jüdischen Häusern
zu sehen war.

Kußmaul kannte viele Persönlichkeiten, die die Politik der „Neuen Ära" leiteten.
Er ist Arzt des Großherzogs und seiner Familie; am 13. März 1866 schickt er seine
Freiburger Antrittsvorlesung über den Dienstweg an den Großherzog: „Hochzuverehrender
Herr Legationsrat!" schreibt er im Begleitbrief — „im Begriff, anliegende
kleine Schrift Euer Hochwohlgeboren zu überschicken, werde ich durch die Verleihung
des Ritterordens vom Zähringer Löwen freudigst überrascht. Obwohl ich nicht
verfehlen werde, demnächst selbst nach Karlsruhe zu reisen, um Seiner Königlichen
Hoheit, dem Großherzog, meinen ehrfurchtsvollen Dank persönlich auszusprechen,
mögen Sie mir doch gestatten, mein Vorhaben auszuführen und Ihnen die beiden anliegenden
Exemplare der zwei von mir hier gehaltenen öffentlichen Vorträge mit der
Bitte zu übersenden: Von einem selbstgefälligst Besitz zu nehmen, für das andere
aber mir die gnädigste Erlaubnis zu erwirken, es ihm untertänigst vorlegen zu dürfen.
Da einer der Vorträge meine Antrittsrede bei der Übernahme der Lehrkanzel für die
Innere Klinik dahier vorstellt, die mir durch die Gnade Seiner Königlichen Hoheit

200


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1989/0202