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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
108.1989
Seite: 201
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übertragen wurde, fühle ich mich doppelt zu diesem Schritt verpflichtet." 15 Der
Großherzog besuchte Kußmaul in seinen späteren Jahren jedesmal, wenn er in Heidelberg
war; er nahm persönlich an der Einweihung des Kußmaul-Denkmals 1909 in
Freiburg teil. Mit J. Jolly, der 1866 Innenminister und wenig später Ministerpräsident
wurde, war Kußmaul zusammen auf das Mannheimer Lyzeum gegangen. „Der talentvollste
und fleißigste Schüler der Quinta ist später von allen der berühmteste
Mann geworden, obwohl der Jüngste in der Klasse, war er stets der Erste, einen Tag
wie den anderen in allen Fächern gleich sorgfältig vorbereitet, dabei auffallend selbständig
im Urteil." 16 Als Minister soll er eigensinnig, jedoch innerhalb der Beamtenschaft
seiner Fähigkeiten wegen hoch geachtet gewesen sein, aber auch wegen seiner
preußischen Strenge und der Schroffheit seines Charakters nie beliebt. Mit
„Lieber Freund!" redete ihn Jolly an, als er ihm am 16. Mai 1875 schreibt: „. . . er
wird auf einer Geschäftsreise nach dem Oberland doch Dienstagmorgen nach Freiburg
kommen und dich aufsuchen, um die möglichen Bauplätze für die Irrenklinik
mit dir zu besprechen . . . Bestens grüßt dich dein ergebener Jolly." 17 R. v. Freydorf
, Justizminister von 1866 bis 1870, war Chorbruder Kußmauls in Heidelberg gewesen
und „führte als Student auf der Hirschgasse eine gefahrliche, scharfe Klinge;
im Rate der Senioren eine gefürchtete, scharfe Zunge."

1858 trafen sich die beiden alten Bekannten gelegentlich eines Rechtsfalles in
Mannheim, wobei Freydorf der Rechtsanwalt und Kußmaul der ärztliche Sachverständige
war. Kußmaul diagonistizierte bei seinem Freund auf Anhieb ein akutes
Glaukom des Auges, das er sofort in Heidelberg operieren ließ. Das Auge wurde gerettet
. „Freudig bewegt schied Freydorf von Heidelberg mit den Worten: Gott sei
Dank! Ich bin mit einem blauen Auge davongekommen!" 18

3. Freiburg um 1860

a) Städtebauliche und soziale Verhältnisse

Der badische Dichter H. Vierordt (1855 bis 1945) erinnerte sich 1925 an seine 1862
bis 1865 in Freiburg verbrachte Jugend: „Der Aufenthalt in Freiburg war damals
überaus gemütlich; meine Eltern haben zeitlebens auf die Tage dort als auf ein verlorenes
Paradies zurückgeschaut. Wie die Herde sich um den Hirten schart, drängte
sich die Stadtbevölkerung, einer großen Familie gleich, in der alles sich kannte, um
den ehrwürdigen Münsterbau. Die Stadt hatte nur eine mäßige Ausdehnung; wo heute
neue Vorstädte prangen, schlang sich der Gürtel von edelfruchtbaren Weinbergen um
ihre Hüften. Der Garten des hügelthronenden Schlößchens Colombi streckte sich, die
eine Seite der jetzigen Eisenbahnstraße einnehmend, voller Rebengelände bis an den
bescheidenen Bahnhof. Der Rempart, der alte Wall, zog sich noch um einen Teil der
Stadt und gewährte eine schöne Reihe Schwarzwaldausblicke — heut' alles bis zur
Unkenntlichkeit verwischt und verbaut. Schritt man damals aus dem Martinstor hinaus
und über die Dreisambrücke der Wiehre zu, so sah man an der Landstraße nach
Günterstal drei Häuser zur Rechten stehen; mehr gab es überhaupt dort nicht; wo
heute beiderseits eine ganz neue Stadt ragt, lagen Felder und Wiesen." 19

1842 hatte Freiburg 13 141 Einwohner, davon 1 361 Protestanten. 1861 waren es
noch 16 900, 1880 bereits 36 401. 1842 erschien eine Gewerbeliste der Stadt, aus der

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