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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
108.1989
Seite: 221
(PDF, 38 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1989/0223
der Impfung verdient. Hier war es Dr. Roller, der Vater des berühmten Illenauer Arztes
, der allein 843 Menschen impfte. Aber auch Dr. Gaupp in Emmendingen, Dr. Eisenlohr
in Bötzingen impften mehr als 1000 Menschen. Kußmaul selber sammelte Erfahrungen
in Eppelheim bei Heidelberg: „Die Blattern waren ausgebrochen, 3 Kinder
lagen schon schwer ergriffen darnieder. Rasch impfte ich alle die zahlreichen und un-
geimpften Kinder des Dorfes und hatte die Freude, da noch keines angesteckt war -
denn nach der Blatternansteckung sichert die Vaccination nicht mehr — daß kein
Kind von den Blattern weiter ergriffen wurde. Die 3 angesteckten Kinder aber starben
." Im damaligen Kurfürstentum Baden mit seinen 430 000 Einwohnern waren
etwa 250 000 geimpft worden. Uber den Verlauf der Impfungen in Freiburg berichtete
Kußmaul folgendes: "Wir haben wertvolle Nachrichten durch den Prof. Dr. A. Ecker,
eine Zierde unserer früheren Hochschule und der würdige Vater eines unserer würdigsten
, jetzt wirkenden Kollegen, — in seinem Beitrag zur Geschichte der Kuh- und
Schutzpockenimpfung im Breisgau, Freiburg 1802 überliefert bekommen. Er erzählt,
welchen dornigen Weg er betreten mußte, um der Vaccination in Freiburg Bahn zu
brechen, wie man ihn verleumdete, verlachte, verdammte und bemitleidete, er aber
angesichts einer mörderischen Pockenepidemie in Freiburg und der Nachbarschaft
nach kalter Prüfung der bisher gesammelten Erfahrungen über die Vaccination ohne
Zaudern sich zu deren Einführung entschloß. Mit dem Stadtphysikus Dr. Bader und
den Professoren Schmieder und Laumeyer impfte er von Mai bis Ende September
1801 in Freiburg 250 Kinder. Die Menschenpocken, die schon durch 5 und mehrere
Jahre fast nie Freiburg verlassen hatten, verschwanden spurlos. In St. Georgen bei
Freiburg impfte der Wundarzt Fineysen, unterstützt von seinem wackeren Pfarrer
Büschle, fast alle ungeblatterten Kinder, der Wundarzt Danner in Krozingen 80 Kinder
, usw. In 6 Monaten wurden mehr als 1000 Personen im Breisgau geimpft, und
Ecker lieferte dazu von Freiburg die Lymphe. Hochstehende Personen, wie die Frau
Gräfin Augusta von Kageneck und die Freifrau von Ulm, ließen nicht nur ihre Kinder
impfen, sondern vorurteilslos, wie es echter Bildung ziemt, auch von ihren Kindern
weiterimpfen. Beamte und Bürger folgten ihnen nach, z. B. Amtmann Dr. Ruf und
Kaufmann Raiser, die Dr. Ecker namentlich anführt."62 In weiteren Briefen werden
die glänzenden Erfolge der Impfung beschrieben. Hierbei breitet Kußmaul reiches
statistisches Material aus ganz Europa aus. Er gibt damit Einblick in Tatsachen, die
unabhängig von seiner Person sind und damit ihre eigene Beweiskraft haben. Zum
Schluß geht er auf die Sterblichkeit der Impfung und auf die Komplikationen ein. Unter
vielen Millionen Impfungen in der ganzen Welt waren nur wenige Fälle tödlich
verlaufen, die bösartigen Rotlauf bekamen. In Württemberg starb von 200 000
geimpften Kindern nur eins. Die Anzahl der durch die Impfung übertragenen syphilli-
tischen Angesteckten war verschwindend klein. Schließlich zitiert Kußmaul v. Mohl,
der in seiner Rechtsstaatslehre schreibt: „Mit Recht ist die Entdeckung des Schutzmittels
der Vaccination als eine Wohltat für das ganze menschliche Geschlecht zu betrachten
." Hinsichtlich des Impfzwanges hält sich Kußmaul zurück und überläßt es
dem gesunden Sinn des Volkes und seiner freigewählten Vertreter, das Richtige zu
treffen.

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