Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
108.1989
Seite: 230
(PDF, 38 MB)
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allen Richtungen und selbst in seinem rechten oberen Teile bis zu seinem Maximum,
worauf der lauten Inspiration eine laute, ebenso lange und ebenso vollständige Expiration
folgte, die mit einer längeren stillen Pause abschloß."71 Es werden sodann
ausführlich pathophysiologisch-biochemische Mechanismen erörtert, durch die die
giftigen Wirkungen bei der Zuckerkrankheit zu erklären seien, die wiederum die auffallende
Atmung zur Folge hätten. Kußmaul konnte damals keine richtige Antwort geben
, heute wissen wir, daß die Kußmaulsche Atmung dadurch hervorgerufen ist, daß
bei der Entgleisung des Zuckerstoffwechsels erhöhte Konzentrationen von Kohlendioxyd
und Wasserstoffionen im Blut vorhanden sind, die das Atemzentrum anregen,
damit auf diese Weise mehr Kohlensäure abgeatmet wird. Zur damaligen Zeit, vor
der Isolierung des Insulins (1921), starben Patienten im Koma diabetikum alle. -

Im Juni bekommt Kußmaul einen Ruf an die Universität Breslau. Er reist in die
„große, geräuschvolle" Stadt und zieht dann sein „schönes Freiburg" vor. Hier findet
eine Bleibefeier statt, an der nur Herren teilnehmen und zu der ein handschriftlicher
Entwurf der Rede Kußmauls erhalten ist.72

„Als ich vor kurzem des Glaubens lebte, daß ich in die ferne schlesische Hauptstadt
übersiedeln und dort ein neues Wirken beginnen müßte, graute es mir vor zwei
Dingen. Einmal fürchtete ich den kalten Ost, der aus Rußland über die samatische
Ebene in das schöne Schlesien hereinbläst, denn ich war nie ein Freund der nordischen
Lüfte. Mehr aber als den rauhen Nord fürchtete ich das Abschiedsmahl, das
mir vor meinem Scheiden wahrscheinlich noch in Freiburg zuteil geworden wäre. Ich
erwog in jener Zeit öfter hin und her, ob meine Kraft und Tapferkeit wohl dadurch
nicht auf eine zu harte Probe gestellt würde und ich gestehe es jetzt aufrichtig, ich
hatte mich entschlossen, eine solche letzte Ehre abzulehnen. Wie ganz anders in unerwarteter
und dankenswerter Weise nun heute statt des gefürchteten Leichenmahles,
ein solch fröhliches Zusammensein mit neuen und alten Freunden und Collegen!
Wahrlich, ich finde nicht die Worte, Ihnen für diese und so viele andere vorausgegangenen
Beweise Ihrer liebevollen und collegialen, freundschaftlichen Gesinnungen gegen
mich meinen Dank auszusprechen! — Es sind jetzt gerade elf Jahre, daß ich hier
in Freiburg verweile, nach meinen schwachen Kräften für unsere Universität tätig zu
sein . . . Die Stadt und die hiesigen Verhältnisse waren mir fast fremd, nur selten für
kurze Zeit war ich hier anwesend. Aber ich habe mich hier eingelebt und die Stadt
und die Universität sind mir lieb geworden, sodaß ich mich jetzt wohl Freiburger nennen
darf. In diesen elf Jahren hat unsere Universität eine sehr bedeutungsvolle Entwicklung
durchgemacht und es dürfte nicht ohne Interesse sein, einen Rückblick darauf
zu werfen. Man behauptet, unsere Universität habe in diesen 10 Jahren
wesentliche Fortschritte gemacht, und ich glaube, wir dürfen dem freudig beistimmen
. Vor allen Dingen glaube ich hervorheben zu müssen, daß wir alle aus Ungläubigen
Gläubige geworden sind. Wir haben den Glauben an uns selbst, an unsere Hochschule
, wir haben die feste Zuversicht gewonnen, daß ihr Fortdauern, daß ihre
Zukunft gesichert sei. Dieser Glaube war vor 10 Jahren in hohem Grade erschüttert
und unsicher geworden. Man konnte es in den Kreisen unserer Landtagsabgeordneten
, ja man konnte es horribile dictu von manchen Professoren selbst hören. Dabei
machten die Mediziner zuerst die Entdeckung, daß für unsere Fakultät hier ein ganz
vortrefflicher Boden gegeben sei und daß es nur gelte, ihn richtig zu bewahren: Hier

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