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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
108.1989
Seite: 244
(PDF, 38 MB)
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mit uns wieder jung werden sehen, mit uns hat er für alles Hohe und Schöne geschwärmt
, mit uns unsere Feste gefeiert, mit uns hat er Rapier und Pokal geschwungen
und jene zündenden, geist- und humorgewürzten Reden gehalten, welche alle begeisterten
. Geistige Züge übrigens, und Eigenschaften, welche der Künstler und
Schöpfer des eben enthüllten Denkmals wie ich mit Freude konstatiere, seinem
Werke in so glücklicher Weise einzuhauchen verstanden hat." Und er fuhr fort: „Ich
spreche daher nur im Namen der ganzen Bürgerschaft und Einwohnerschaft, wenn
ich sage, daß es uns alle freut, das Denkmal hier errichtet zu sehen, und daß wir alle,
nicht nur der Verwaltungsrat, sondern die ganze Stadt es gerne in Schutz und Unterhaltung
nehmen . . . Ich versichere namens der ganzen Stadt, daß das Andenken Kuß-
mauls jederzeit hier in hohen Ehren gehalten wird."94

Auch der Dekan der Medizinischen Fakultät, Prof. de la Camp, „gab in dieser Eigenschaft
die feierliche Versicherung, das Denkmal in Schutz zu nehmen und in
treuem Gedenken an den großen Gelehrten und an jene Zeit, an welche sich die Universität
mit Stolz erinnern darf, Kußmaul zu den Ihrigen gezählt zu haben."95

Das Denkmal stand bis zum 27. November 1944. Im Bombeninferno jener Nacht
wurde mit dem Institutsviertel auch das Denkmal zerstört. „Kußmauls Denkmal
stürzte in den Bombentrichter und zerbrach. Und im kommenden Frühsommer hielt
eine kleine Waldgnomen-Schar rings um den Kraterrand eine stumme Wache . . .
Lauter rote Walderdbeeren. Das Terrain wurde eingeebnet und nur 2 mächtige Kastanienbäume
, die rot blühen, zeigen noch die Stelle, wo die Einfahrt für viele tausend
Kranke sich befunden hat."96 Aus historischer Sicht ergibt sich die Verpflichtung
zur Neuerrichtung eines Kußmaul-Denkmals.

7. Uber Kußmaul hinaus

Ich habe mich diesem Kapitel Freiburger Medizingeschichte zugewandt, weil wir in
einem geistigen Kontinuum mit der Vergangenheit stehen, weil es mir Freude bereitet
und weil ich bemerke, daß hier etwas wieder zum Vorschein gebracht werden kann,
das in heutiger Zeit von Wichtigkeit ist und das unsere Möglichkeiten erweitern kann.

Als Austausch zwischen Vergangenheit und Gegenwart sieht Braudel die Geschichtsforschung
: „Sie ist nichts anderes, als die andauernde Befragung der Vergangenheit
im Namen der Probleme und der Wißbegier der Gegenwart . . . Denn die Gegenwartsperspektive
ist es, die das Bild vom Gestern herstellt und es entziffern hilft
— und umgekehrt." 97

Die Beschäftigung mit Kußmaul ist daher keine rückwärtsgewandte Flucht in die
Idylle. Sie soll gedeutet werden, wie es Habermas in Reflektionen über Geschichte
formuliert hat, „sie (die Geschichte) rettet den Sinn, in dem sie ihn hervorbringt. Genaugenommen
gibt es keinen Sinn, sondern nur eine fortschreitende Eliminierung
des Falschen."

Kußmaul hatte 1863 in Freiburg die Nachfolge von Baumgärtner, einem Vertreter
der sogenannten „Romantischen Medizin", angetreten. Er überwandt und hob dessen
Denken und Handeln mit einem Programm auf, das er klar und eindrücklich in seiner
Antrittsvorlesung („Die Entwicklungs-Phasen der exacten Medizin") formulierte.
Hierbei war seine Klinik für ihn in erster Linie Krankenanstalt, in zweiter Lehran-

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