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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
108.1989
Seite: 252
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zehnt des 20. Jahrhunderts zunehmend durch Verwaltungsbeamte in der Anstaltsleitung
ersetzt wurden.

Nachdem anfänglich noch der Grundsatz der Beschäftigung mit nützlichen Arbeiten
vorgeherrscht hatte, wurden ab der Jahrhundertwende die Anstalten zunehmend
zu reinen Aufbewahranstalten. Die Euthanasieaktion der Nationalsozialisten, der
viele Insassen von Armenanstalten zum Opfer fielen, gab dieser Einstellung zu den
unnützen Essern nochmals radikalisierten Ausdruck.

An der Geschichte der Freiburger Anstalt läßt sich diese Entwicklung beispielhaft
verfolgen. Ob sie wirklich repräsentativ für alle badischen Kreispflegeanstalten ist,
können erst weitere Forschungen klären.8

2. Struktur und Umfang der Armut im Stadt- und

Landkreis Freiburg

Im Gegensatz zu Mannheim und Karlsruhe, die durch den Rhein und die Eisenbahn
an den gesamtdeutschen Handel angeschlossen waren und sich dadurch zu Industriezentren
entwickeln konnten, blieb Freiburg ein vorwiegend landwirtschaftlich und
handwerklich bestimmtes Zentrum.9 Im Auftrag des Magistrats der Stadt Freiburg
reorganisierte der frühere Priester und Stadtarchivar Ferdinand Weiß (1754—1821) im
Jahre 1800 das Armenwesen. Die Fonds der einzelnen Stiftungen blieben getrennt erhalten
, wurden aber in einer einheitlichen Stiftungsverwaltung zusammengefaßt. Zusätzliche
Mittel kamen aus freiwilligen Spenden der Bürger bei sonntäglichen Almosensammlungen
, durch Erträge aus Opferstöcken und Wirtshausbüchsen und durch
das Erheben von Straf- und Tanzgeldern.

Die Stadt war in Bezirke eingeteilt, an deren Spitze ein ehrenamtlicher Bezirkskommissar
stand, der die gesammelten Gelder und Naturalien in Empfang nahm und
an die Armenanstalt weiterleitete. Er war für alle Armenangelegenheiten seines Bezirks
zuständig, mußte über die Armen seines Bezirks Buch führen, ihre Bedürftigkeit
beurteilen, hatte das Recht, Strafen auszusprechen und die Polizei zu seiner Unterstützung
heranzuziehen.10

Die größten Beträge wurden nach Anweisung des Bezirkskommissars für den Unterhalt
Gebrechlicher oder Alter im Armenhaus und für die Unterstützung bürgerlicher
Armer im Heilig-Geist-Spital ausgegeben. In weitem Abstand folgten Ausgaben
für Wöchnerinnen, für das Waisenhaus11 und für Krankenkost. Schließlich wurden
noch in geringem Maße Naturalien und Rohstoffe zur eventuellen Arbeitsvergabe
gekauft.

1832 wurde zusätzlich eine Suppenanstalt eingerichtet, die gegen Gutscheine oder
eine geringe Gebühr täglich bis zu 1000 Portionen Suppe ausgab. Diese Suppenanstalt
bestand bis in die Weimarer Zeit.12

Der Höhepunkt der Armut wurde wie überall in Baden mit der Agrarkrise 1858
erreicht, was sich in den höchsten wöchentlichen Unterstützungsgeldern seit 1843
niederschlug.13 Emminghaus berichtet, daß 1865 im Kreis Freiburg, der etwa
200000 Seelen umfaßte, in insgesamt 166 Orten rund 100 000 Gulden aus Stiftungsvermögen
für die Armenunterstützung aufgewendet wurden. Auf wieviele Personen
sich dieser Segen verteilte, ist aber nicht mehr festzustellen.14

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