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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
108.1989
Seite: 258
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anstalten abgeändert wird. „Sie bilden gleichsam die unterste Stufe in der Reihe der
Versorghäuser, indem sie es als ihre Aufgabe anerkennen, die unbrauchbare Menschheit
zu verpflegen, alle diejenigen Armen aufzunehmen und zu behalten, welche man
in Familien und Gemeinden, in Spitälern, Pfründ- und Irrenhäusern, in Gefängnissen
oder anderen Anstalten nicht haben kann oder will."38

Diese gelassene Feststellung ergänzt er etwas später nochmals mit dem Satz: „Das
Wesen einer großen Armenpflegeanstalt besteht somit darin, daß man alle die genannten
Arten von Armen, für die man im Leben keine Verwendung mehr hat und
welche einzeln zur Versorgung übergeben, große Kosten verursachen, zusammenführt
in eine gemeinsame und billige Verpflegung, wobei sie überwacht, vor Gefahren
geschützt und dem öffentlichen Ärgernis entrückt werden."39

Umstritten an dem Konzept Eschbachers blieb die Zusammenlegung von Geisteskranken
mit körperlich Behinderten. Als vom Jahre 1892 an das Alters- und Invalidengesetz
wirksam zu werden begann, wurden die Kreispflegeanstalten seitens der
Gemeinden weniger in Anspruch genommen. Durch die Beihilfe ihrer Rente konnten
jetzt viele chronisch Kranke andernorts Unterkunft und Pflege finden. Gleichzeitig
begann eine auffallende Uberfüllung der Irrenanstalten, die als Rückwirkung eine
verstärkte Verlegung leichterer Fälle von Geisteskrankheit in die Kreispflegeanstalten
mit sich brachte.

Ein Erlaß des Großherzoglichen Ministeriums des Inneren vom 30. November 1896
an die Kreisausschüsse wies auf die Verpflichtung zur Übernahme von Geisteskranken
hin, wodurch die Irrenanstalten und die psychiatrischen Kliniken entlastet werden
sollten. Nach einem Vortrag des Heidelberger Psychiaters Emil Kräpelin (1856 bis
1926) auf der 28. Versammlung der süd westdeutschen Irrenärzte kam es zu einer breiten
öffentlichen Debatte, da seitens der wissenschaftlichen Psychiatrie die Kreispflegeanstalten
für unfähig erklärt wurden, psychisch Kranke zu versorgen,40 was
die ärztlichen Leiter dieser Einrichtungen natürlich ganz anders sahen.

In der Praxis war die Freiburger Kreispflegeanstalt während der ganzen Zeit ihres
Bestehens zu einem Viertel mit Geisteskranken belegt.

Bauten der Anstalt

Zur Freude Eschbachers entschloß sich der Kreisausschuß, keine alten Gebäude anzukaufen
, sondern am äußersten Rande der Stadt von der Heilig-Geist-Spital-Stiftung
einen Bauplatz41 zu erwerben, „der etwas erhöht lag, trockenen, festen Kiesboden
hatte und von einem Bach durchflössen war".42 Bis zum Beginn des 1. Weltkriegs
wurde durch Zukauf weiterer Grundstücke das Gelände auf insgesamt 5 ha vergrößert
und bot somit die Bedingung, die Vorstellungen Eschbachers von einem idealen Anstaltsbau
zu verwirklichen. Mit Stolz stellte er rückblickend fest, daß das ganze Anwesen
mit Bauten für 600 Pfleglinge nicht mehr als 600000 RM gekostet habe und
somit nur 1 000 RM pro Kopf angefallen seien, während man in Staatsanstalten mit
Summen von 5—10 000 RM pro Anstaltsinsassen rechnen müsse.43

Bei der Bauplanung sollten die allgemeinen Forderungen der Hygiene in bezug auf
Licht und vor allem Durchlüftung, sodann einer leichten Ubersicht, einer gut durchführbaren
Geschlechtertrennung und einer optimalen hauswirtschaftlichen Versorgung
berücksichtigt werden. So wurde das allseitig offene Viereck mit je zwei gegen-

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